Zwei Vertreter der verschwundenen australischen Megafauna: Der Waran Megalania und der Donnervogel Genyornis. Sowohl Jäger als auch Beute verschwanden vor 40.000 bis 50.000 Jahren – zur selben Zeit breitete sich der Mensch in Australien aus.

Illustration: Peter Trusler, Monash University

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Ebenfalls dahin: der Riesenwombat Diprotodon.

Foto: APA/EPA/JAMES KING/AUSTRALIAN MUSEUM

Boulder/Canberra – Ewig wogt die wissenschaftliche Debatte hin und her, ob es primär am Menschen oder an einem Klimawandel lag, dass mit Ausnahme Afrikas und Teilen Asiens sämtliche Landmassen der Erde den Großteil der Megafauna verloren haben, die sie noch im Pleistozän aufwiesen. In Europa und dem klimatisch vergleichbaren Nordamerika starben die großen Tierarten einigermaßen im gleichen Zeitraum aus: Am Ende der letzten Kaltzeit, einer Ära sich rasch ändernder Umweltbedingungen, die es zugleich dem Menschen erleichterten, sich auszubreiten. Die Faktoren sind kaum voneinander zu trennen.

Beim Blick auf andere Landmassen ändert sich das Bild zu Ungunsten des Menschen. In Australien begann das Aussterben der großen Tiere schon einige zehntausend Jahre vorher – etwa genauso lange früher hatte der Mensch den Kontinent erreicht. Und auf abgelegenen großen Inseln wiederholte sich der Effekt viel später, doch erneut immer dann, wenn sich die menschliche Besiedlung verstärkte: Neuseeland etwa verlor die Moas, Madagaskar seine Riesenlemuren und Elefantenvögel. Auf beiden Inseln ereignete sich das Aussterben erst in historischer Zeit.

Overkill

Eine aktuelle Studie, die im Fachjournal "Nature Communications" erschienen ist, liefert der Hypothese vom Overkill durch jagende Menschen nun weitere Indizien. Und zwar untersuchten US-Forscher um Studienleiter Gifford Miller von der University of Colorado die Tierwelt im Pleistozän Australiens, vor etwa 50.000 Jahren.

Australien war damals die Heimat einer ganzen Anzahl großgewachsener Tiere: Diprotodon, ein mehrere Tonnen schwerer Wombat von der Größe eines PKWs, oder der bis zu sechs Meter lange Waran Megalania und das ebenso große Landkrokodil Quinkana. Und nicht zuletzt verschiedene Arten der sogenannten Donnervögel (Dromornithidae), deren größte drei Meter hoch und eine halbe Tonne schwer werden konnten.

Riesengänse

Vom Körperbau hätten die Donnervögel auf den ersten Blick an heutige Laufvögel wie Strauße oder auch an die Terrorvögel Südamerikas erinnert. Tatsächlich waren sie flugunfähige Verwandte der Gänse und damit eine Art spätes australisches Pendant zum bekannten Gastornis (früher Diatryma genannt) aus dem Eozän der Nordhalbkugel. Ob die mit einem starken Schnabel bewehrten Tiere Räuber, Aasfresser oder auch Pflanzenfresser waren, ist nicht bekannt.

Ein Vertreter der Donnervögel war der gut zwei Meter hohe Genyornis newtoni. Millers Team untersuchte fossile Eierschalen der Spezies, die aus über 200 Fundstellen in ganz Australien stammen und auf ein Alter zwischen 54.000 und 44.000 Jahren geschätzt werden. Dabei stellten sie verräterische Rußspuren fest, die auf das Werk von Eierdieben schließen lassen.

Hinweise auf die Täter

Die teilweise angeschwärzten Schalen waren offenbar einer großen Hitze ausgesetzt – allerdings nicht gleichmäßig. "Es ist nicht vorstellbar, dass ein Wildfeuer solche extremen Temperaturunterschiede erzeugen kann", sagt Miller. Alles deutet dem Forscher zufolge darauf hin, dass die Aborigines, die Australien im fraglichen Zeitraum zu besiedeln begannen, die melonengroßen Eier im Feuer erhitzten und die Schalen dabei ungleichmäßig anbrannten.

Den Forscher zufolge ist es der erste konkrete Beweis, dass die Menschen damals die Tiere der Megafauna Australiens jagten oder ihre Eier aßen – auch wenn alles andere eine Überraschung gewesen wäre. Miller ist sich sicher: Zumindest in diesem Fall lag es nicht an Klimaveränderungen, dass die Megafauna eines Kontinents ausgestorben ist. (red, 31. 1. 2016)