Flüchtlingskinder pro Bundesland.

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Die Gewerkschaft fordert von der Regierung ein koordiniertes Vorgehen in Sachen Quereinsteiger.

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Auch im vergangenen Semester sind neue Flüchtlingskinder an Österreichs Schulen gekommen. Zwischen 1. Oktober und 7. Jänner ist ihre Zahl an den Pflichtschulen um rund 3.300 auf 8.500 gestiegen. Insgesamt besuchen 540.000 Schüler eine Pflichtschule, die Flüchtlingskinder machen also 1,6 Prozent aus.

Ein Resultat der steigenden Zahl schulpflichtiger Kinder sind höhere Ausgaben. Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung rechnet Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) für 2016 mit 64 Millionen Euro Mehrkosten wegen zusätzlicher Lehrerstellen.

Insgesamt 75 Millionen Euro zusätzlich gibt es aus dem "Integrationstopf", dessen Aufteilung die Regierung am Dienstag im Ministerrat beschlossen hat. Das Bildungsministerium bekommt nach eigenen Angaben 24 Millionen. Fließen soll das Geld unter anderem in 180 bis 200 neue Stellen für Sprachförderung und in 80 Stellen für mobile Einsatzteams aus Sozialarbeitern und Psychologen. "Diese Maßnahmen tragen wesentlich dazu bei, die knapp 9.000 Flüchtlingskinder gut in Schule und Gesellschaft zu integrieren und die Lehrer zu entlasten und zu unterstützen", sagt Heinisch-Hosek zum STANDARD.

Niederösterreich hat die meisten Flüchtlingskinder

Für die niederösterreichische Bildungslandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) ist das nicht genug. Ihr Bundesland hat mit 2.138 die meisten schulpflichtigen Flüchtlingskinder aufgenommen. "Die angekündigten Maßnahmen würden dem System Schule sicher guttun, jedoch finanzieren wir in Niederösterreich bereits jetzt über 80 zusätzliche Planstellen, deren Kosten zum Großteil das Bundesland tragen muss", sagt Schwarz zum STANDARD. Sie wünscht sich von der Ministerin ein koordiniertes Vorgehen mit den Bundesländern.

Eine Gesamtstrategie fordert auch Pflichtschulgewerkschafter Paul Kimberger (FCG). Für das zusätzliche Geld sei er dankbar, aber "wir sehen jetzt schon, dass die Lehrer ausgehen". Es sei notwendig, das Unterstützungspersonal von Schulpsychologen und Sozialarbeitern in Österreich internationalen Standards anzugleichen.

Eigene "Willkommensklassen" in Deutschland

Auch in Deutschland ist Bildung für Flüchtlingskinder eine Herausforderung für die Bundesländer. Der Mehrbedarf an Lehrern ist hier bereits beziffert: Man geht von 20.000 zusätzlichen Stellen aus. Anders als in Österreich werden Flüchtlinge in speziellen Förderklassen und nicht in Kursen unterrichtet. Von diesen "Willkommensklassen" gibt es mittlerweile mehr als 8.200 in ganz Deutschland.

Dort werden zunächst jene Kinder in kleineren Gruppen auf den Regelunterricht vorbereitet, die keine Deutschkenntnisse haben und/oder die lateinische Schrift nicht beherrschen. Derzeit sind rund 200.000 Kinder in solchen "Willkommensklassen" untergebracht. Sie sollen nach einem Jahr an derselben Schule in die Regelklassen wechseln können.

Der OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher hält derartige "Willkommensklassen" auf Dauer jedoch für "keine gute Lösung". Er kritisiert, dass die Kinder die deutsche Sprache nicht schnell genug erlernen, weil sie zu viel unter sich blieben und zu wenig Kontakt zu deutschsprachigen Schülern haben. (koli, bau, 26.1.2016)