Trotz beteuerter Einigkeit zwischen Bund und Wien wirkt die SPÖ in der Frage der Bewältigung der Flüchtlingskrise weiterhin gespalten. Die SPÖ lehnt den Begriff "Obergrenze" zwar ab, Bundeskanzler Werner Faymann tritt aber für eine Limitierung in der Höhe von 37.500 Asylanträgen in diesem Jahr ein.

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Laut dem ehemaligen SPÖ-Gemeinderat Şenol Akkılıç sollten die Wiener Roten klar gegen eine Obergrenze auftreten. Die Linie von Bundeskanzler Faymann sei "nicht richtig".

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Dass sich Faymann in der Asyldebatte auf ÖVP-Linie begebe, findet die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Wien, Marina Hanke, "schlecht". Die SPÖ dürfe sich nicht von der ÖVP treiben lassen und deren Positionen übernehmen.

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Wien – Trotz beteuerter Einigkeit zwischen Bund und Wien wirkt die SPÖ in der Frage der Bewältigung der Flüchtlingskrise weiterhin gespalten. Zwar wird der von der ÖVP geprägte Begriff "Obergrenze" von den Roten abgelehnt, faktisch tritt Bundeskanzler Werner Faymann aber für eine Limitierung in der Höhe von 37.500 Asylanträgen in diesem Jahr ein. "Das heißt dann: Auch der 37.501. Mensch kann Asyl beantragen, aber nicht mehr bei uns", sagte Faymann der "Kronen Zeitung".

Häupl: Asylantrag ist anzunehmen

Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der das Positionspapier der Regierung mitgetragen hat, interpretierte die Einigung anders. Auf die Frage, was mit dem 37.501. Asylwerber passiere, sagte Häupl in Ö1: "Selbstverständlich ist nach geltender österreichischer Bundesverfassung ein Asylantrag anzunehmen."

Zuvor hatten sich die Stadträtinnen Sonja Wehsely, Sandra Frauenberger und Renate Brauner gegen Obergrenzen ausgesprochen und den Beschluss der Regierung scharf kritisiert. Das Gipfelergebnis bezeichnete Wohnbaustadtrat Michael Ludwig hingegen als "wichtiges Signal, dass es nicht für alle möglich sein wird, hier eine Unterkunft zu finden". Ludwig gilt innerhalb der Roten als Verbinder zur FPÖ. Auch rote Bezirkspolitiker sprachen sich zuletzt für eine Limitierung von Asylwerbern aus.

Bei ihrer am Montag begonnenen zweitägigen Vorstandstagung auf dem Kahlenberg kämpft die Wiener SPÖ heute, Dienstag, in der Asylfrage um eine gemeinsame Linie. Auf dem Programm steht auch ein Referat des Wiener Flüchtlingskoordinators Peter Hacker. Gegen Mittag soll das Ergebnis als Positionspapier von Häupl und Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler präsentiert werden.

Akkılıç: Faymann-Linie "nicht richtig"

Für den ehemaligen SPÖ-Gemeinderat Şenol Akkılıç sollten die Wiener Roten klar gegen eine Obergrenze auftreten. Die Linie von Bundeskanzler Faymann sei "nicht richtig", sagte Akkılıç dem STANDARD. Die Limitierung sei auch politisch nicht realistisch. Die herben Verluste der SPÖ bei der Wien-Wahl vor allem in den Flächenbezirken Favoriten, Floridsdorf, Simmering und Donaustadt lassen sich laut Akkılıç "nicht damit wettmachen, wenn man politisch nach rechts rückt".

Akkılıç, langjähriger grüner Integrationssprecher, war im Frühjahr 2015 von den Grünen zu den Roten gewechselt. Bei der Wien-Wahl im Herbst hatte er ein SPÖ-Gemeinderatsmandat verpasst, er bringt sich laut Eigenangaben aber weiterhin in die Partei ein.

SJ-Hanke: Nicht Wahlkampfposition

Weiter "klar gegen Obergrenzen" will auch die Neogemeinderätin und Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Wien, Marina Hanke, bei der SPÖ-Vorstandssitzung auftreten: "Wir müssen flüchtende Menschen aufnehmen, ihnen helfen und eine Beschäftigung geben." Dass jetzt auch innerhalb der SPÖ Wien Stimmen für Obergrenzen laut werden, kritisiert sie. "Das ist nicht die Position, mit der wir in den Wahlkampf gegangen sind", sagt sie im STANDARD-Gespräch.

Dass Faymann sich in der Asyldebatte auf ÖVP-Linie begebe, findet Marina Hanke "schlecht". Die SPÖ dürfe sich nicht von der ÖVP treiben lassen und deren Positionen übernehmen.

ÖVP: "Obergrenze bleibt"

Während die SPÖ noch eine Linie sucht, verteidigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den Beschluss: "Die Obergrenze bleibt." Dem Angebot des designierten Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil (SPÖ), abgelehnte Asylwerber mit Hercules-Transportmaschinen des Bundesheeres abzuschieben, steht das Innenministerium "grundsätzlich positiv" gegenüber. (Oona Kroisleitner, David Krutzler, 25.1.2015)