Fünffacher Slalomsaisonsieger Henrik Kristoffersen (rechts), einfacher Slalomsaisonsieger Marcel Hirscher: Wiedersehen auf der Planai.

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Schladming – Die eine Folge von Kitzbühel: Österreichs Skifahrerteam ist noch kleiner geworden, die Konzentration auf Marcel Hirscher noch größer. Die andere Folge: Wenn Hirscher keinen großen Blödsinn macht, wird er zum fünften Mal in Folge den Gesamtweltcup gewinnen.

Schon am Dienstag, im Slalom oder auch "Nightrace" in Schladming (17.45/20.45 Uhr, live ORF eins), kann Hirscher den nächsten Schritt setzen und den noch führenden Aksel Lund Svindal überholen. Der Norweger war Hirschers größter, wenn nicht einziger Konkurrent, er hat die Saison vorzeitig auf der Streif beendet. Dass Hirscher (889 Punkte) Svindal (916) von der Spitze verdrängt, scheint nur eine Frage relativ kurzer Zeit. Seine Verfolger Henrik Kristoffersen und Kjetil Jansrud, ebenfalls Norweger, vermögen zwar in ihren Spezialdisziplinen ordentlich zu punkten, sind aber insgesamt wohl weniger breit aufgestellt.

Hirscher überraschte in Kitzbühel ein wenig mit der Aussage, dass Kristoffersen nun im Gesamtweltcup "der Topfavorit" sei. "Ich meine das nicht lustig, ich meine das realistisch." Andererseits: " Die Möglichkeit lebt in jedem Rennen." Hirscher im Hinblick auf Schladming: "Wenn ich mein bestes Slalomfahren zeigen kann, kann ich Henrik einholen." Das wär dann also überraschend – und auch wieder nicht.

Überraschung Hirschbühl

Der Kitzbühel-Slalom mit drei Läufern in den Top Ten hat die Stimmung im Lager des ÖSV deutlich aufgeheitert. Hinter dem Zweiten Hirscher landete Christian Hirschbühl auf Platz sieben, Marco Schwarz wurde Neunter. Manuel Feller fiel als Halbzeit-Siebenter aus. Slalom-Cheftrainer Marko Pfeifer hatte nicht damit gerechnet, dass die Entwicklung seiner Fahrer so schnelle Fortschritte machen würde. "Das hat mich selber sehr, sehr positiv überrascht."

Die große Überraschung auf dem Ganslernhang war der 25-jährige Vorarlberger Hirschbühl, der vor vier Jahren wegen schlechter Leistungen aus den ÖSV-Kadern gestrichen worden war. Mit der sechstbesten Laufzeit im zweiten Durchgang fuhr er zu seinen ersten Weltcup-Punkten im Slalom. Sein Plan für Schladming: "Im ersten Durchgang muss ich die Qualifikation schaffen, im zweiten ist alles offen."

Schwarz stimmte sein Kitzbühel-Resultat trotz Rückfalls zufrieden, auch wenn er nach dem ersten Durchgang sogar vor Hirscher gelegen war. "Das Ziel war Top 15, jetzt bin ich Neunter. Das passt gut", meinte der Ruhepol im Team. "Wenn drei unter die Top Ten kommen, überhaupt bei einem Heimrennen, ist das eine coole Sache. Jetzt freue ich mich auf Schladming." Dort schaffe die einzigartige Atmosphäre eine zusätzliche Herausforderung.

Der Zeitpunkt des Abbruchs

Auch am Fuße respektive am Rande der Planai halten die Streif-Diskussionen an. Hat die Jury ordentlich gearbeitet? Hätte die Kitzbühel-Abfahrt früher abgebrochen werden müssen? Oder, auch eine Meinung, fortgesetzt? Dass genau jene 30, die zur Wertung notwendig waren, ins Rennen geschickt wurden, warf nicht das allerbeste Licht auf die Entscheider. Der oberste Fis-Renndirektor Markus Waldner hatte gemeinsam mit seinem Kollegen Hannes Trinkl mit Sicherheitsgründen argumentiert – man habe die Verantwortung für die jungen Abfahrer nicht mehr übernehmen können. Das führte auch zu heftigen Diskussionen in der Mannschaftsführersitzung.

Der Italiener Mattia Casse war im ersten Training Fünfter und im Abschlusstraining sogar Erster gewesen, er wäre mit Nummer 45 ins Rennen gegangen, schaute also durch die Finger. Und Casse ist kein Nobody, er war im Dezember schon Vierter im Super-G zu Beaver Creek und am Freitag Siebenter im Super-G zu Kitzbühel.

Just die Trainer der am meisten betroffenen Teams, ÖSV-Chefcoach Andreas Puelacher und Norwegens Christian Mitter, hielten sich mit Kritik zurück. Sie führten auch eine gewisse "Eigenverantwortung" der Läufer an. Die Limit-Linie war am Samstag eine Fahrt auf Messers Schneide. Reichelt wie Svindal hatten sie gewählt. Puelacher: "Der eine überlebt es, der andere nicht."

Svindal: Nachher ist man immer klüger

Svindal selbst will seine Karriere fortsetzen, sobald sein Kreuzbandriss vollständig ausgeheilt ist. "Einen anderen Plan habe ich nicht", sagte der 33-Jährige am Montag auf einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Dem Veranstalter und der Fis wollte der Norweger keinen Vorwurf machen. "Nachher ist man immer klüger. Zurückblickend kann man sagen, dass es wohl grenzwertig war. Aber wenn man am Start steht, will man nur sein Bestes geben", wurde er von der Onlineausgabe der Zeitung "Aftenposten" zitiert.

Auch Svindal räumte ein, dass er "fast blind" gefahren sei. Dadurch habe man die Wellen an der Stelle nur schwer ausmachen können. "Es ist nicht cool, wenn es so viele Verletzte gibt. Es ist auch nicht gut für den Sport, das kann man sicher diskutieren später. Aber das sollen andere machen." (APA, red, 25.1.2016)