Autor und Psychiater Wolfgang Pennwieser.

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Wolfgang Pennwieser: Ich und Vater (Roman)
Czernin Verlag, Wien 2016

192 Seiten
Euro 19,90

"Es ist nicht nur toll, Vater zu werden" – Das schreibt Wolfang Pennwieser recht weit vorne in "Ich und Vater", seinem jüngst bei Czernin erschienenen Roman über das Vaterwerden. Damit ist das Thema der restlichen 150 Seiten markiert. Pennwieser, im Brotberuf Psychiater, widmet sich der Ambivalenz aus Vorfreude und Verunsicherung des werdenden Vaters, dem schnellen Wechsel zwischen Nestbautrieb und Ängsten vor Verbiederung im Kleinfamilienknast; dem emotionalen und sonstigen Stress, den eine Schwangerschaft bedeuten kann – und der heute zum Glück nicht mehr allein Sache der Frauen ist.

Der Ich-Erzähler richtet seine Gedanken im Erzählstrom an das im Bauch der Freundin heranwachsende Kind. Ansonsten passiert wenig. Die Romanfigur nimmt aber umfassend Anteil an den anderen Umständen seiner Freundin Betty – anhand der Fragen, die die Familiengründung aufwirft, lotet er wortreich aus, was ihn als Menschen ausmacht. Wie er leben will. Will er der lässige Stadtmensch mit nicht abgeschlossenem Studium am Rande der Prekarität sein, der eigentlich keinen braucht, oder doch eh der sorgende Herr Papa mit Wohlstandsbauch und Familienkutsche, der sich dafür interessiert, welcher Kinderbuggy besonders schadstoffarm ist.

Kinder, die Gärten brauchen

So verdichten sich etwa an der Frage, ob ein Kind eigentlich einen Garten braucht, die unterschiedlichen Vorstellungen des Paares von einer geglückten Kindheit. Da werden Sozialisationsrucksäcke geöffnet, die in der kinderlosen Beziehung verschlossen blieben. Hinter den vermeintlich kleinen Fragen stecken in diesem Buch die ziemlich großen. Das hat der Autor Pennwieser gut hinbekommen: Der Text liest sich leicht und unterhaltsam und arbeitet nach, ohne anstrengend zu sein. Dass manche Passagen etwas geschwätzig daherkommen, fällt da nicht relevant ins Gewicht.

Handfest hypochondrisch

Streckenweise äußert sich die empathische Anteilnahme des werdenden Vaters an der Schwangerschaft der Freundin als handfeste Hypochondrie: Wenn er nervös zu möglichen Anomalien des Kindes googelt, den Gynäkologenfreund zu nachtschlafener Zeit mit Fragen nervt und die an sich entspannte Partnerin mit seiner Panik ansteckt. Der Protagonist changiert zwischen der Unfähigkeit, sich abzugrenzen, und dem dringenden Wunsch, genau das zu tun. Er hat Angst, seine Individualität als Mensch und die als Mann irgendwo auf diesem Weg in die Vaterschaft anzubauen.

Da heißt es einmal: "Ich kann sagen: ‚Wir haben verloren’ wenn meine Fußballmannschaft wieder einmal mit null Punkten nach Hause fährt. Ich kann aber mit Sicherheit nicht sagen: ‚Wir haben einen Blasensprung‘, denn bei aller Anteilnahme und Eingelulltheit, die man von mir als Vater heute erwartet, wird mir nicht die Fruchtblase platzen, egal wie empathisch ich mich bei der Geburt verhalte. Ich werde im besten Fall wie ein Trottel danebenstehen und nicht umfallen." Ob er die Geburt dann tatsächlich übersteht, bleibt den Leserinnen und Lesern verborgen. Der Roman endet kurz vor dem Kreißsaal. (Lisa Mayr, 11.6.2016)