Die Obergrenzen werden keine Probleme lösen, sagt Alev Korun.

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Die Grünen sind weiterhin strikt gegen Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Die Maßnahme würde Gewalt, menschliches Leid und Kosten verursachen, sagte Menschenrechtssprecherin Alev Korun bei einer Pressekonferenz am Freitagvormittag. Sie warf der Bundesregierung außerdem vor, die Bevölkerung in die Irre zu führen, da die Obergrenzen schlicht nicht umsetzbar seien.

Korun: Umsetzung würde zu Gewalt führen

Die Flüchtlinge würden sich nicht von einer bloßen Zahl abschrecken lassen, so Korun. "Das sind verzweifelte Schutzsuchende. Sie werden nicht bereit sein umzukehren, nur weil die Bundesregierung eine Zahl festgelegt hat." Würde sich die Regierung auf eine rigorose Umsetzung ihres Plans einlassen, hieße das letztlich Gewalt an der österreichischen Grenze. Diese würde notwendig werden, um die Flüchtlinge an der Einreise zu hindern. Die Flüchtlingszahlen werden laut Korun nicht zurückgehen, bevor sich nicht die Situation im Irak und in Syrien entspanne.

Ein anderes Szenario, das Korun bei der Durchsetzung von Obergrenzen für wahrscheinlich hält, ist die Entstehung von Massenlagern an den Grenzen. Der von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) anvisierte "Dominoeffekt" wäre dabei fatal. "Sollte sich Slowenien auch für eine Obergrenze entscheiden, wird das wohl bald am ganzen Balkan der Fall sein", sagte die Menschenrechtssprecherin. "Schließlich werden die Flüchtlinge in Massenlagern in Griechenland sitzen. Von menschenwürdigem Leben kann dann keine Rede mehr sein."

Jobverluste durch dauerhafte Grenzkontrollen

Für Korun geht es aber auch um wirtschaftliche Erwägungen. Denn sollte das Schengen-System zusammenbrechen und Grenzkontrollen flächendeckend wiedereingeführt werden, hätte das auch verheerende Folgen für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Korun verwies auf die Zahlen des Deutschen Handels- und Industriekammertags, denen zufolge alleine der deutschen Wirtschaft zehn Milliarden Euro Mehrkosten anfallen würden, wenn die Grenzen wieder dauerhaft kontrolliert werden. "Letztlich wird so die Aufkündigung des Schengen-Abkommens zum Verlust von Arbeitsplätzen führen", so Korun. Die Regierung hatte neben der Obergrenze auch für eine Ausweitung der Grenzkontrollen angekündigt.

Korun zitierte auch den deutschen Innenminister Thomas de Maiziére, der die Obergrenzen als "österreichische Lösung" kritisierte. Es brauche stattdessen einen europäischen Ansatz. "Eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge ist notwendig", so die Nationalratsabgeordnete. "Dafür sollte die Bundesregierung ihre ganze Kraft aufbringen, und nicht für diese Scheinlösungen." (mor, 22.1.2016)