Demonstranten bei der vorübergehenden Stürmung des moldauischen Parlaments am Donnerstag.

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Chisinau – Die tiefe politische Krise in der Ex-Sowjetrepublik Moldau hat neue Massenproteste ausgelöst. Tausende Menschen demonstrierten am Donnerstag in der Hauptstadt Chisinau gegen die erst in der Nacht vereidigte Regierung um den proeuropäischen Ministerpräsidenten Pavel Filip. Eine ebenfalls prowestliche Bürgerbewegung sowie die prorussische Opposition werfen der Führung Korruption vor und verlangen Neuwahlen.

Das Parlament hatte Filip am Mittwoch bestätigt. Beobachter halten seine Mehrheit aber für wackelig, da sie auf die Unterstützung einzelner Abgeordneter baut, die eigentlich aus dem Oppositionslager stammen.

Unter Kontrolle der Oligarchen

"Man hat uns gestern betrogen, unsere Demokratie, Freiheit, Menschenrechte, Gesetze zertreten", wetterte der Bürgerrechtler Andrej Nastase. Er und seine Anhänger beschuldigen mächtige Oligarchen, den Staatsapparat unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Zudem sollen Staatsdiener drei Banken in einem "Jahrhundertdiebstahl" um rund eine Milliarde Dollar (900 Millionen Euro) betrogen haben.

"Banditen ins Gefängnis", skandierte die Menge. Regierungsvertreter und Anführer der Protestbewegung trafen sich zu Gesprächen. Die prorussischen Sozialisten wollten gegen das neue Kabinett beim Verfassungsgericht vorgehen.

10.000 Teilnehmer

Medien berichteten von mehreren zehntausend Demonstranten, die Polizei sprach von rund 10.000 Teilnehmern. Bei Ausschreitungen am Vorabend waren mehr als 30 Menschen leicht verletzt worden.

Das Europaparlament und das russische Außenministerium warfen sich gegenseitig vor, sich unverhältnismäßig in die politische Krise einzumischen. Moldau ist seit Jahren gespalten zwischen einem Lager für eine Annäherung an die EU und prorussischen Kräften. Das Nachbarland von Rumänien und der Ukraine hatte 2014 unter dem Protest Russlands ein Assoziierungsabkommen mit der EU abgeschlossen. (APA, dpa, 22.1.2016)