Heinz Patzelt, der Generalsekretär von Amnesty International Österreich, bezeichnet Obergrenzen für Asylwerber als "entsetzlich dumm". Von der Regierung fühlt er sich belogen.

Foto: APA/Hochmuth

Wien – "Wenn Firmen mit derart unrealistischen Zahlen kalkulieren, werden sie wegen Betruges verurteilt." Heinz Patzelt, der Generalsekretär von Amnesty International Österreich, lässt kein gutes Haar an der jüngst festgelegten Obergrenze für Asylwerber in Österreich. Wenn man bedenke, dass im Vorjahr 90.000 Flüchtlinge aufgenommen worden seien, sei es geradezu fahrlässig zu sagen, heuer ist bei 37.500 Schluss. Denn die Fluchtbewegung aus syrischen und anderen Kriegsgebieten lassen sich nicht durch willkürliche Limits beenden. "Allein der Begriff 'Obergrenze' ist entsetzlich dumm", sagte Patzelt am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD.

Österreich habe bisher sehr viel in der Flüchtlingshilfe geleistet, betonte Patzelt – "trotz dieser Regierung". Letztere gaukle der Bevölkerung jetzt vor, dass es mit der Nennung einer Zahl eine einfache Lösung gebe. "Die gibt es aber nicht, und diese Wahrheit ist Österreich auch zuzumuten." Neben der Aufrechterhaltung der Versorgung von Schutzsuchenden müsse Österreich viel mehr unternehmen, um Länder wie den Libanon und Jordanien, die die größte Flüchtlingslast tragen, zu unterstützen.

Von EU-Ländern enttäuscht

Was er mit der heimischen Politik teile, sei der Ärger und die Enttäuschung über die fehlende Solidarität innerhalb der Europäischen Union. "Aber ich möchte mich nicht belügen lassen", so der Amnesty-Chef.

Scharfe Kritik kommt auch von anderen NGOs. Ärzte ohne Grenzen warnt vor humanitären Folgen, Flüchtlinge würden wieder in die Hände von Schleppern getrieben. Mangelnde Solidarität in der EU dürfe nicht auf dem Rücken der Menschen auf der Flucht ausgetragen werden.

Caritas und Diakonie bezeichnen die Ergebnisse des Asylgipfels als "realitätsfern". Es sei äußerst bedenklich, eine Regelung zu treffen, von der man nicht einmal wisse, ob sie rechtlich überhaupt haltbar ist. "Obergrenzen, Richt- oder Zielwerte sind grundsätzlich völker- und verfassungswidrig", hieß es bei der Volkshilfe. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat appelliert dringend an Österreich, die Genfer Flüchtlingskonvention und EU-Asylrecht einzuhalten. (Michael Simoner, 21.1.2016)