Wien – Interview-Aussagen von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zum Umgang Österreichs mit Flüchtlingen haben am Wochenende international für Verwirrung gesorgt. "Österreich setzt Schengen aus", meldete Samstagabend etwa die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Auch ungarische Medien sprangen auf. Auslöser dürfte eine Vorab-Presseaussendung der Tageszeitung "Österreich" zu dem Interview gewesen sein.

Faymann kündige "verschärfte Grenz-Kontrollen" an, hieß es in der Aussendung der Zeitung Samstagabend. Und: "Faymann betont in Österreich, dass die Schengen-Regeln in Österreich 'temporär außer Kraft gesetzt' werden." Tatsächlich sind sie das schon seit vergangenem Herbst, bestätigte ein Sprecher des Bundeskanzlers der APA. Auch Faymanns Wünsche zu den Grenzkontrollen sind nicht neu, hat er dies Anfang der Vorwoche doch bereits via "Kronen Zeitung" kommuniziert.

Friaul in Sorge

Im Kanzleramt zeigte man sich um Planierung der Aufregung bemüht. Den internationalen Medien habe man den Sachverhalt bereits erläutert, so die Sprecherin. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits eine besorgte Reaktion der Region Friaul Julisch Venetien. In einem Schreiben wurde "Bedauern" für einen Beschluss ausgedrückt, der "hoffentlich nicht die exzellenten grenzüberschreitenden Beziehungen zwischen Friaul und Österreich beeinträchtigen wird".

Faymann stellte in dem "Österreich"-Interview auch die Rolle des neuen SPÖ-Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil in den Vordergrund. Der bisherige burgenländische Polizeidirektor sei ein "Mann der Praxis, der für Menschlichkeit und Ordnung steht", so der Kanzler. Dies bedeute "natürlich auch einen Neustart in der Regierung bei der Kontrolle der Asylwerber an der Grenze".

Sicherung der Südgrenze

Weiter ging er in der "Kronen Zeitung". "Sobald der neue Verteidigungsminister offiziell vorgestellt ist, wird sofort mit umfassenden Aktivitäten des Bundesheeres zur Sicherung der Südgrenze begonnen", wurde Faymann dort zitiert. Seine Sprecherin räumte allerdings ein, dass es sich weiter nur um einen Assistenzeinsatz handlen könne. Das Innenministerium müsse sagen, wenn es das Bundesheer brauche. Es gehe aber um eine Verbesserung der Zusammenarbeit, betonte sie.

Lopatka erfreut über "Kurskorrektur"

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka erblickt in Faymanns Aussagen eine Änderung der Haltung des Koalitionspartners in Richtung ÖVP-Linie. "Faymann darf sich nun allerdings nicht wieder wegdrücken, sondern muss zur SPÖ-Kurskorrektur stehen", meinte er in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

Es sei erfreulich, dass der Kanzler endlich erkenne, dass in der Asyl- und Flüchtlingsfrage eine Kurskorrektur überfällig sei "und er auf ÖVP-Kurs einschwenkt". Höchst an der Zeit sei es zudem, "dass auch Faymann erkennt, dass Obergrenzen in der Flüchtlingsfrage entstehen. Das stimmt mich positiv, dass es beim Asylgipfel mit den Ländern (am kommenden Mittwoch, Anm.) zu Ergebnissen kommen wird."

Wie schon von ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angekündigt, müsse es zu schärferen Grenzkontrollen kommen, so Lopatka. "Faymann schickt hier in Zukunft seinen neuen Verteidigungsminister vor, der gemeinsam mit der ÖVP-Ministerin hier endlich dafür sorgen wird, Grenzen zu setzen." Nun gehe es auch darum, dass die SPÖ den Weg für rasche Änderungen im Parlament freimache, betonte er bezüglich Mindestsicherung, Asyl auf Zeit und Regelungen für den Familiennachzug.

Ungarn wirft Faymann Erpressung vor

Die ungarische Regierung hat Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wegen dessen Forderung, Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, die EU-Beiträge zu kürzen, "Erpressung" vorgeworfen. Ungarn habe alle Bedingungen erfüllt, die es zu EU-Hilfen berechtige, all das habe nichts mit der illegalen Einwanderung zu tun, erklärte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto am Sonntag per Aussendung. (APA, 17.1.2016)