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Beata Szydło stellt sich dem EU-Parlament: Als Premierministerin die stärkste Frau in Polen, realpolitisch gilt sie aber als Handlangerin von Jaroslaw Kaczyński, dem Chef der nationalkonservativen PiS.

Foto: REUTERS/Kacper PempelâÄ

Die polnische Premierministerin Beata Szydło wird am Dienstag persönlich an einer Debatte des Plenums des Europäischen Parlaments teilnehmen, bei der die Vorwürfe von EU-Grundrechtsverstößen durch ihre nationalkonservative Regierung im Zentrum stehen werden. Das hat Präsident Martin Schulz am Donnerstag bestätigt.

Er habe in einem ausführlichen Telefonat mit ihr über die Struktur der Aussprache gesprochen, erklärte er, beide erwarteten eine "lebhafte Debatte". Die Atmosphäre mit seiner polnischen Kollegin sei exzellent und sehr respektvoll gewesen, so der Präsident; es gelte, "berechtigte Fragen" zu klären. Erst vor wenigen Wochen hatte Schulz die Vorgänge in Polen mit einer Art Staatsstreich verglichen.

Merkel will Beruhigung

Die Einladung des Parlamentspräsidenten und Erklärungen aus der EU-Kommission zum "strukturierten Dialog" mit der polnischen Regierung, gegen die sie am Vortag ein Prüfungsverfahren wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit eingeleitet hatte, zeigen zweierlei: Zum einen ist das Bemühen um eine politische Lösung im "Fall Polen" längst auf der höchsten politischen Ebene angekommen, noch bevor Experten, EU-Kommissare (wie der zuständige Vizepräsident Frans Timmermans) oder Fachminister in Gespräche eingetreten sind. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich eingeschaltet: Polen ist ein strategischer Partner.

Zum anderen bemüht man sich, den Konflikt so rasch wie möglich durch praktische Lösungen zu beenden, bevor er eskaliert. Wie das gehen soll, scheint klar: Der Regierung soll deutlich gemacht werden, dass es den EU-Institutionen nicht darum gehe, sie für ihre politische Position zu "bestrafen". Aber es müssten Grundsätze und Fundamente der Rechtsstaatlichkeit über jedem Zweifel stehen.

Die Unabhängigkeit der Verfassungsrichter gehört dazu: Die Regierung Szydło hat im Schnellverfahren fünf Höchstrichter durch eigene Leute ersetzt, auch den Präsidenten. In die Strategie der Deeskalation passt, dass der Sprecher der Kommission, Margaritis Schinas, betonte, dass Präsident Jean-Claude Juncker in Straßburg sein werde, die Kooperation mit Szydło gehe "ganz normal" weiter.

Er vermied es, Details des Prüfverfahrens zu erläutern. Bis März werde Timmermans gemäß der "Ermächtigung" durch die Kommissare mit Warschau verhandeln: "kooperativ, im Geist von Dialog und Zusammenarbeit". (Thomas Mayer aus Brüssel, 15.1.2016)