Das Treffen im schlichten Gästehaus Zum grünen Lamm im polnischen Bergdorf Niedzica fand unter äußerster Diskretion statt. Sechs Stunden lang unterhielten sich dort am Mittwoch vor einer Woche die starken Männer Polens und Ungarns, Jaroslaw Kaczynski und Viktor Orbán. Deklariert war die Begegnung als Privatbesuch. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass nur Anekdoten ausgetauscht wurden. Orbán setzt Demokratieabbau gegen erheblichen – wenn auch ineffizienten – Widerstand der EU durch. Kaczynski kann von ihm die hohe Kunst lernen, der EU auf der Nase herumzutanzen.

Zahllose Vertragsverletzungsverfahren hat die EU-Kommission gegen Ungarn auf den Weg gebracht. Das EU-Parlament hat den Tavares-Bericht angenommen, der die Demokratiedefizite in Orbáns Land mehr oder weniger konkret benennt. Selbst ein Monitoring-System wurde als Lehre aus der ungarischen Erfahrung geschaffen. Allein Orbán lacht sich ins Fäustchen. Die Vertragsverletzungsverfahren werden von Orbáns Juristen im jahrelangen legalistischen Tauziehen ad absurdum geführt. So ließ Orbán nach 2010 die älteren Richter zwangspensionieren, um sie durch willfährige jüngere zu ersetzen. Die von der EU beanstandeten Gesetze wurden immer wieder minimal nachgebessert. Von Orbán lernen können hätte Kaczynski auch bei der Ummodelung der öffentlich-rechtlichen Medien zu Regierungssprachrohren.

Keine Handhabe der EU

In Ungarn bestimmt der Medienrat, das Spitzengremium der Medienaufsichtsbehörde, über die Top-Posten in der öffentlich-rechtlichen Medien-Holding. Den Chef des Medienrates ernennt der Ministerpräsident auf neun Jahre, die weiteren vier Mitglieder wählt das Parlament mit Zweidrittelmehrheit. Das Ergebnis ist letztlich dasselbe. Die Öffentlich-Rechtlichen dienen den Interessen der Orbán-Regierung. Rein formal kommt die EU wegen der indirekten Ernennungsmechanismen dagegen nicht an.

Jedenfalls zimmern die Rechtspopulisten in Ungarn und Polen an einer "illiberalen" Achse in EU-Europa. Selbst bei offensichtlichen Verstößen gegen EU-Recht wird der Rat keine Maßnahmen gegen Polen beschließen können. "Ungarn wird niemals Sanktionen gegen Polen unterstützen", bekräftigte Orbán in einem Interview am letzten Freitag. Konkret heißt das: Jeder Sanktionsantrag der EU-Kommission würde im Rat am ungarischen Veto scheitern. (Gregor Mayer aus Budapest, 13.1.2016)