Bild nicht mehr verfügbar.

Die lange Liste der Vorwürfe reicht von Betrug über Täuschung bis zu Umweltverschmutzung. VW-Chef Müller hat einigen Erklärungsbedarf.

Foto: AP/Stratenschulte

"Ein Affront", titeln deutsche Medien, und beziehen sich auf die Zurückweisung der bisherigen VW-Angebote zur Reparatur des Schadstoffschadens durch die US-Umweltbehörden. Zumindest vom Timing her hätten die USA Volkswagen nicht ärger düpieren können.

Just am Vorabend des Canossagangs von VW-Chef Matthias Müller zur streitlustigen Vorsitzenden der Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, wurde eine Breitseite auf den größten europäischen Autobauer abgefeuert. VW habe nicht nur bei Abgastests geschummelt, sondern dann weitergelogen, ließ McCarthys Kollegin von der kalifornischen Umweltbehörde CARB wissen. Die EPA ergänzte, der Rückrufplan von Volkswagen sei "nicht genehmigungsfähig".

Mangelnde Kooperation

Was fast noch schwerer wiegt als die Manipulation von 600.000 Autos in den USA: Es ist auch von mangelnder Kooperation der Wolfsburger die Rede, von irreführenden oder unterschlagenen Informationen, von Behinderung der Aufklärung. Genau auf die enge, umfassende Zusammenarbeit mit Behörden, Konsumenten und Gerichten legte Volkswagen in seiner Kommunikationsstrategie aber größten Wert. Und bemühte sich gleich Dienstagabend noch, auf "konstruktive Diskussionen" in den vergangenen Wochen zu verweisen.

Doch angesichts der Scharmützel klingt das fast wie Satire. Für unfreiwillige Belustigung sorgt der Autobauer ohnehin laufend. Erst am Dienstag trat Matthias Müller ausgerechnet im Rahmen seiner Charmeoffensive im Rahmen der Automesse in Detroit in ein ziemlich großes Fettnäpfchen, als er die Schummel-Software in den Autos als "technisches Problem" bezeichnete. Auch auf Nachfrage eines Radioreporters, ob es sich nicht vielmehr um ein ethisches Problem handle, reagierte Müller mit Unverständnis. Das Krisenmanagement verschlimmert die Krise. Volkswagen versuchte noch die Kuh in den Stall zurückzutreiben und das Interview neu aufzuzeichnen – vergeblich. Gut möglich, dass der Fauxpas des Konzernchefs den Affront der Umweltbehörden provozierte.

Es geht um die Existenz

Die Pannenserie bei VW ist umso erstaunlicher, als es um viel geht: Natürlich um Geld, aber auch um Image und Vertrauen. Also um nichts weniger als die Existenz. Neben den Behördenverfahren, in denen Strafen in zweistelliger Milliardenhöhe drohen, sind 500 Klagen anhängig. Von Konsumenten, Universitäten, Bundesstaaten. Auch die US-Regierung hat Volkswagen geklagt. Die lange Liste der Vorwürfe reicht von Betrug über Täuschung bis zu Umweltverschmutzung. Somit könnte vom ersten Treffen Müllers mit McCarthy einiges abhängen, sind doch einvernehmliche Lösungen nach wie vor möglich. Doch bis jetzt befindet sich Volkswagen in den USA eher auf Crashkurs. (Andreas Schnauder, 13.1.2016)