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Überflieger Airbus: Der europäische Gemeinschaftsflieger feiert sich als Marktführer, der den US-Rivalen Boeing bei Auftragseingängen überholt hat. Bei der Auslieferung ist die Boeing-Flagge vorn.

Foto: Reuters / Pascal Rossignol

Der Luftfahrtindustrie geht es blendend. Airbus hat am Dienstag bekanntgegeben, im abgelaufenen Jahr 1036 Flugzeugbestellungen erhalten zu haben. Insgesamt belaufen sich die Aufträge auf 6787 Maschinen. Das sei ein "neuer industrieller Rekord", meinte Airbus-Chef Fabrice Brégier in einer Pressekonferenz in Paris. "Wir denken mit Stolz, aber auch Bescheidenheit, dass wir die Marktführer sind", meinte der Franzose mit Verweis auf die 768 Bestellungen, die der US-Konkurrent Boeing 2015 eingefahren hat.

Paradoxerweise verdankt das europäische Konsortium diesen Erfolg einem Amerikaner. Der langjährige Airbus-Verkaufsdirektor John Leahy (65) freut sich, dass sich der europäische Bestseller A320 in seiner bisherigen wie auch in seiner "Neo"-Version wie warme Semmeln verkauft. "Schon heute startet und landet alle zwei Sekunden ein A320 rund um den Planeten", rechnete Leahy vor.

Symbolischer Erfolg

Auch beim Riesenairbus A380 konnte er erstmals seit zwei Jahren wieder einen – laut Airbus "festen" – Bestellungseingang über drei dieser doppelstöckigen Maschinen bekanntgeben. Der Käufer will zwar geheim bleiben, doch bestand in der Pressekonferenz stillschweigende Einmütigkeit, dass es sich um All Nippon Airways handelt. Auch wenn der Verkauf letztlich ein Ersatzgeschäft für einen annullierten Verkauf ist, bedeutet er für Airbus einen symbolischen Erfolg: Die Europäer dringen damit zunehmend in den bisher von Boeing dominierten japanischen Markt ein. Und vor allem hat der A380, der zu einem Ladenhüter zu werden drohte, wieder einen Käufer gefunden.

Im ewigen Duell zwischen den beiden Luftfahrtgiganten sind aber in Wahrheit nicht die Europäer führend. Boeing hat nämlich 2015 mehr Flugzeuge (762) ausgeliefert als Airbus (635). Für den Umsatz ist das entscheidend, denn bezahlt wird der Kaufpreis erst bei der Übergabe des Flugzeugs.

Längere Lieferfristen

Für Airbus sichert der hohe Auftragsbestand zwar auch langfristig Arbeitsplätze, dafür werden die Lieferfristen immer länger. Das erhöht auch das Risiko von Stornos oder gar Absagen durch die Fluggesellschaften. Dass durch das scharfe Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Hersteller auch Einbußen bei der Qualität zu verzeichnen sein könnten, stellen Airbus wie Boeing natürlich vehement in Abrede, und bisher gibt es auch keinerlei Indizien dafür.

Leahy räumte ein, dass Boeing "ohne Zweifel" mehr Zivilflugzeuge fertige als Airbus. Das sei aber nur deshalb so, weil der amerikanische Dreamliner 787 früher lanciert worden sei als sein Airbus-Konkurrent A350. Dieses europäische Mittelstreckenflugzeug wurde 2015 erst 14-mal ausgeliefert. Ziel ist, sagt Brégier, die Zahl bis 2018 auf 120 zu erhöhen.

Für den A320neo wiederum wird in Hamburg eine zusätzliche Fertigungslinie gebaut. Die ebenfalls symbolische Erstauslieferung eines A320neo an Qatar Airways und alternativ an Lufthansa verpatzte Airbus allerdings Ende des letzten Jahres. Wie der Airbus-Chef erklärte, wollen die Europäer ab 2019 in ihren Hauptwerken in Hamburg und Toulouse sowie in Mobile (USA) und Tianjin (China) etwa 720 Maschinen im Jahr produzieren. Solange werden sie noch warten müssen, bis sie auch beim effektiven Absatz die Nase vorn haben werden. (Stefan Brändle aus Paris, 12.1.2016)