Wien – Pflanzenzellen können sehr rasch wachsen. Das funktioniert, indem Pflanzen einen Zellbestandteil, die sogenannte Vakuole, wie einen Ballon aufblasen, berichten Wissenschafter der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien im Fachjournal "PNAS". Eine entscheidende Rolle in diesem Prozess spielt dabei der Botenstoff Auxin.

Das Wachstum von Pflanzenzellen noch nicht vollständig erforscht, und selbst der Zellaufbau bietet immer wieder Überraschungen. So dachte man bisher, dass sich in Pflanzenzellen nicht nur ein zentraler, mit Wasser gefüllter Raum findet, sondern mehrere kleinere Vakuolen. Die Boku-Forscher haben in den von ihnen untersuchten Zellen – Wurzelzellen des Modellorganismus Arabidopsis – dagegen nur eine große Vakuole nachgewiesen.

Komplexe Strukturen

"Meistens schaut man sich die Sachen nur zweidimensional an, und da sieht es so aus, als wären da mehrere kleine Vakuolen. Wenn man das aber hochauflösend in 3D untersucht, sieht man, dass die Strukturen zusammenhängen und nur sehr komplex gefaltet sind", sagte Jürgen Kleine-Vehn vom Institut für Angewandte Genetik und Zellbiologie der Boku.

Mit hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie und sogenannter Scanning-Elektronenmikroskopie konnten die Forscher nicht nur diese überraschende Zellanatomie nachweisen, sondern auch zeigen, dass das starke Zellwachstum durch das Aufblasen der Vakuole erfolgt. Eine besondere Rolle spielt dabei Aktin, ein Protein-Baustein des Zellskeletts (Cytoskelett).

"Wir denken, dass Aktin eine Art Netz um die Vakuole bildet und ihr dadurch Stabilität gibt", so Kleine-Vehn. Die Aktin-Menge in der Zelle wird dabei vom bereits von Charles Darwin (1809-1882) entdeckten Botenstoff Auxin reguliert, der in praktisch allen Pflanzenteilen für Wachstum verantwortlich ist. "Je mehr Aktin da ist, desto schwieriger ist es für die Vakuole, sich aufzublasen", so der Wissenschafter.

Wachstumsökonomie

Welche Kräfte für das Aufblasen der Vakuole verantwortlich sind, ist noch unklar. Das Struktur-Protein spielt bei zellulären Bewegungen eine wichtige Rolle, die Wissenschafter verfolgen aber auch die Frage, ob dabei osmotische Kräfte mitwirken.

Jedenfalls erspart sich laut Kleine-Vehn die Zelle durch das Aufblasen sehr viel Energie: "Kleine Zellen müssen nicht unbedingt neue Strukturen bilden, um groß zu werden, weil dieser wassergefüllte Ballon einfach den Platz einnimmt."

Die untersuchten Wurzelzellen sind üblicherweise mit einer Größe von rund 15 mal 15 Mikrometer ungefähr quadratisch. "Wenn sie dann wachsen, können sie ihre Länge verzehnfachen", sagte Kleine-Vehn. Durch unterschiedlich starke Zellwände dürfte das Aufblasen der Vakuole nur in Längenwachstum resultieren. (APA, 11.1.2016)