Wien – Während die Zahl der Firmenpleiten 2015 um rund fünf Prozent zurückgegangen ist, sind die Privatkonkurse erstmals nach fünf Jahren wieder stark gestiegen. Laut endgültigen Zahlen der Creditreform gab es im Vorjahr 9.900 Privatinsolvenzen, ein Plus von 4,1 Prozent. Wegen der angespannten Arbeitsmarktlage erwarten die Kreditschützer heuer noch mehr Privatpleiten.

Zwei der drei großen Kreditschutzverbände – Alpenländischer Kreditorenverband (AKV) und Kreditschutzverband (KSV 1870) – haben ihre endgültigen Insolvenzstatistiken für das vergangene Jahr vorgelegt. Die Zahlen weichen geringfügig voneinander ab, beide sehen aber ein Minus von rund fünf Prozent bei den eröffneten und abgewiesenen Firmenpleiten gegenüber 2014 auf eine Zahl von rund 5.200. Das ist laut AKV der geringste Wert im vergangenen Jahrzehnt. Den Spitzenwert gab es 2009 mit 6.883 Firmeninsolvenzen.

Bei den Gesamtpassiva gehen die Ergebnisse der beiden Verbände schon deutlicher auseinander – und zwar gleich um eine halbe Milliarde Euro. Auch in den vergangen Jahren hatte es Differenzen in dieser Höhe gegeben. Während der AKV von 2,9 Milliarden Euro Gesamtverbindlichkeiten für 2015 spricht, hat der KSV 1870 rund 2,4 Milliarden erhoben. Vertreter beider Verbände versicherten, nur die Zahlen der eröffneten Insolvenzen zu verwenden, jene der abgewiesenen nicht hinzuzuzählen. Begründet wird der große Unterschied mit unterschiedlichen Arten der Statistikerstellung.

Meiste Privatpleiten in Wien

Den größten Zuwachs bei Privatpleiten gab es in Salzburg und Niederösterreich. Absolut und auch relativ gesehen schlitterten aber in Wien die meisten Personen in die Pleite. Der "typische" Schuldner ist männlich, in der Hälfte der Fälle ohne Job, zwischen 30 und 50 Jahre alt, lebt in der Stadt und hat einen formell geringen Bildungsgrad. Im Schnitt ist er mit knapp 67.000 Euro verschuldet.

Die Anzahl der Schuldenregulierungsverfahren dürfte 2016 erstmals über 10.000 steigen, erklärte die Creditreform am Montag in einer Aussendung. 2015 wurden 8.816 solche Verfahren eröffnet, das waren bereits 4,9 Prozent mehr als im Jahr davor. 1.084 Insolvenzanträge wurden mangels Vermögens abgewiesen (-1,5 Prozent).

Meiste Firmenpleiten im Handel und am Bau

Im Handel gab es dem AKV zufolge mit 977 Verfahren nicht nur die meisten Insolvenzen vor der Bauwirtschaft mit 943 und der Gastronomie mit 739, sondern mit Zielpunkt auch die größte in Bezug auf Passiva und betroffene Dienstnehmer. Diese Pleite gefährdet 2.700 Dienstverhältnisse, viele werden aber vermutlich in anderen Unternehmen weiterbeschäftigt, die in bisherige Zielpunkt-Liegenschaften einziehen.

Mehr Beschäftigte als 2014 betroffen

Insgesamt von Firmeninsolvenzen betroffen waren im vergangenen Jahr 21.800 Dienstnehmer und damit laut KSV 1870 um 4,3 Prozent mehr als 2014. Der Anstieg ist laut AKV auf die Pleiten mitarbeiterstarker Firmen zurückzuführen. Neben Zielpunkt führt der Verband Schirnhofer, die FMT-Gruppe und die RING-Gruppe an.

Heuer erwartet der AKV in den ersten Monaten einen überdurchschnittlichen Anstieg der Firmeninsolvenzen, wie es auch schon Ende 2015 der Fall gewesen sei. Für das ganze Jahr 2016 rechnet man mit mehr als 5.500 Firmeninsolvenzen. (APA, 11.1.2016)