Ein Bild des "Rolling Stone" vom Treffen Sean Penns mit "El Chapo".

Foto: ROLLING STONE

Washington/Mexiko-Stadt – Hollywood-Star Sean Penn ist für sein Interview mit dem mexikanischen Drogenboss Joaquin "El Chapo" Guzman in den USA scharf kritisiert worden. Ein Sprecher des Weißen Haus sagte am Sonntag, es sei "unerträglich", wie Guzman mit seinen Verbrechen geprahlt habe.

Das "sogenannte Interview" werfe einige "interessante Fragen" an Penn und andere Beteiligte auf, sagte der Stabschef von Präsident Barack Obama, Denis McDonough, dem Fernsehsender CNN. Drei Monate, bevor der meistgesuchte Verbrecher Amerikas am Freitag vom mexikanischen Militär geschnappt wurde, hatte er den US-Schauspieler Penn im Dschungel empfangen und einen Tequila mit ihm getrunken. Das US-Magazin "Rolling Stone" berichtete am Samstag in allen Einzelheiten über die konspirative Begegnung, der monatelange Geheimverhandlungen vorausgegangen waren, an denen auch die mexikanische Schauspielerin Kate del Castillo beteiligt gewesen sein soll.

Angeben beim Tequila

Penn schrieb im "Rolling Stone", er habe sich am 2. Oktober sieben Stunden lang mit Guzman auf einer Dschungellichtung getroffen. Das Magazin druckte ein Foto, auf dem Penn Guzman die Hand gibt. Bei einem Tequila habe "El Chapo" dann mit seinen Verbrechen geprahlt: "Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgend jemand sonst in der Welt", gab ihn Penn wieder. "Ich habe eine Flotte aus U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Schiffen."

Mexikos Generalstaatsanwältin Arely Gomez hatte am Freitag berichtet, die Behörden seien über Treffen Guzmans mit Regisseuren und Schauspielern im Bilde gewesen, und diese hätten bei seiner Ortung geholfen. Der Drogenboss habe offenbar gehofft, es werde ein Film über ihn gedreht. Ein mexikanischer Regierungsmitarbeiter präzisierte am Samstag: "Wir wussten von diesem Treffen."

Ermittlungen angekündigt

Am Sonntag verlautete dann aus Ermittlerkreisen, Penn und del Castillo sollten vernommen werden. Nach Angaben eines mexikanischen Regierungsvertreters ist noch unklar, ob die Schauspieler mit dem Interview gegen Gesetze verstoßen haben. Zwar könne ein Reporter einen mutmaßlichen Drogenhändler interviewen. Penn und del Castillo seien aber "keine Journalisten", sagte der Regierungsvertreter. Das Weiße Haus wollte sich nicht dazu äußern.

Scharfe Kritik kam auch von dem republikanischen Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio. Ein Schauspieler, der den Vereinigten Staaten seine Karriere verdanke, habe natürlich das "verfassungsmäßige Recht, sich bei einem Verbrecher und Drogenhändler einzuschleimen", sagte der Senator. "Ich finde das aber grotesk."

Der bekannte US-Medienanwalt Floyd Abrams sagte, er halte es für ausgeschlossen, dass Penn strafrechtlich verfolgt werde. Der Chefredakteur der "Washington Post", Marty Baron, verwies im Kurzbotschaftendienst Twitter darauf, welchen Gefahren "wirkliche Journalisten" bei der Berichterstattung über die Drogenkartelle in Mexiko ausgesetzt seien.

Auslieferungsverfahren eröffnet

Unterdessen hat die mexikanische Regierung das Verfahren für eine Auslieferung von "El Chapo" in die USA begonnen. Am Sonntag besuchten zwei Beamte von Interpol Mexiko das Gefängnis nahe der Hauptstadt Mexiko-Stadt, in dem Guzman seit seiner Wiederergreifung einsitzt, um laut Generalstaatsanwaltschaft zwei Haftbefehle zu vollstrecken.

Damit wurde das Auslieferungsverfahren offiziell eröffnet. Als nächstes muss ein Richter über die Ausweisung Guzmans entscheiden. Die Entscheidung wird dann an das Außenministerium weitergeleitet, das grünes Licht für die Ausweisung muss. "El Chapo" habe aber die Möglichkeit, Einspruch gegen die Entscheidung des Ministeriums einzulegen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. Von amtlicher Seite hieß es, das Verfahren könne sich über Monate hinziehen, die Behörden seien jedoch bemüht, es zu beschleunigen.

Widerstand gegen Auslieferung

Guzmans Anwalt Juan Pablo Badillo kündigte an, dass er notfalls bis vor den Obersten Gerichtshof ziehen werde, um sich gegen die Auslieferung seines Mandanten zur Wehr zu setzen. Er begründete dies damit, dass dem Chef des Sinaloa-Rauschgiftkartells in den USA die Todesstrafe drohe.

Bisher weigerten sich die mexikanischen Regierungen, "El Chapo" an die USA auszuliefern, wo er wegen Drogendelikten und Mordes angeklagt werden soll. Am Samstag kündigte die Regierung von Präsident Enrique Pena Nieto nun aber an, die Auslieferung vorzubereiten. (APA, 11.1.2016)