Klotzen statt Kleckern: Das scheint bei der diesjährigen Autoshow in Detroit mehr denn je zu gelten. Alle großen Hersteller sind dabei.

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Detroit/Wolfsburg/Wien – Die Silvesterfeuerwerke sind längst abgebrannt, für die Autobranche beginnt das neue Jahr aber traditionell später. Heuer ist es am Montag, 11. Jänner so weit. Da beginnt die Autoshow in Detroit. Dort vertreten zu sein ist im Winter für alle großen Hersteller und alle, die irgendwie mitspielen wollen im Milliardenbusiness rund ums Auto, ein Muss. Das war im vergangenen Jahr schon so und ist heuer nicht anders.

Und dennoch gibt es heuer einen Unterschied zu früher. Seit im September die Manipulation von Abgaswerten im VW-Konzern aufgeflogen ist, wird fieberhaft nach Lösungen gesucht, wie die anspruchsvollen Umweltwerte möglichst kostengünstig auch im Realbetrieb erreicht werden können. Weitere Verschärfungen bei den Umweltwerten liegen bereits in der Schublade – angesichts der Klimaproblematik sei das auch unbedingt nötig, sagen Experten.

Rezession zeitigt Folgen

Noch geistern Zahlen in zweistelliger Milliardenhöhe herum, was den Gesamtschaden für den VW-Konzern aus dem Abgasskandal betrifft. Die genaue Summe wird erst in ferner Zukunft feststehen, wenn alle betroffenen Autos nachjustiert und sämtliche Schadenersatzklagen ausjudiziert sind. Was die Diesel-Pkw in den USA betrifft, möchte sich VW dieses Problems mittels eines neu entwickelten Katalysators entledigen – falls die dortige Umweltbehörde grünes Licht gibt.

Auf einem anderen Feld musste der Konzern aus Wolfsburg aber bereits Federn lassen. Die Verkaufszahlen sind über alle Segmente hinweg geschrumpft. Das hat zum Teil auch damit zu tun, dass VW in Brasilien und Russland eine traditionell eine starke Stellung hat und jetzt unter der Rezession in beiden Volkswirtschaften speziell leidet. Was aber besonders schmerzen dürfte – der Erzrivale im Nobelsegment, Mercedes, hat die Nobeltochter Audi bei den Verkaufszahlen überholt.

Starkes Minus im Dezember

Im Dezember musste der VW-Konzern noch einmal ein Absatzminus von 5,2 Prozent hinnehmen. Statt der angepeilten zehn Millionen Pkws, die man 2015 absetzen wollte, konnten nur Käufer für 9,93 Millionen Fahrzeuge gefunden werden. Das waren zwei Prozent weniger als 2014.

Vor allem die schwächelnde Marke VW (minus 4,8 Prozent) trübte im Vorjahr das Verkaufsergebnis. Das kräftige Absatzplus bei der Luxusmarke Porsche (plus 18,6 Prozent) und der leichte Zuwachs bei Audi (plus 3,6 Prozent) konnten das nicht ausgleichen.

Mercedes drängt in Pole Position

Bei Mercedes, dem Autobauer aus Stuttgart, hat das Management ein erklärtes Ziel: Bis 2020 die Poleposition unter den Nobelmarken der Autowelt zu erreichen – eine Kriegserklärung an die Oberklasse aus dem Hause VW und an die Adresse von BMW. Der Münchner Autobauer liegt im Ranking der Top-Fahrzeuge derzeit auf Platz eins.

BMW hat die Marke von zwei Millionen verkaufter Autos im November übersprungen und dürfte im Gesamtjahr 2015 deutlich darüber liegen. Mercedes hat nach Eigenangaben im Vorjahr 1,871 Millionen Autos verkauft, die VW-Marke Audi hat 1,803 Millionen abgesetzt. In Ingolstadt, dem Sitz von Audi, wertet man dieses Resultat dennoch als Erfolg.

Abweichung bei Dynamik

"2015 hat gezeigt, dass Audi wetterfest aufgestellt ist und wir ein Jahr vielfältiger Herausforderungen sehr erfolgreich meistern konnten", zitierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung Audi-Chef Rupert Stadler. Für beide Automarken war 2015 ein Rekordjahr. Audi weist seit mittlerweile 72 Monaten höhere Verkaufszahlen aus, Mercedes hat bereits das fünfte Jahr in Folge Rekordabsätze verzeichnet – wächst seit einiger Zeit aber dynamischer als Audi.

An den Ufern der Großen Seen, wo das Who's who der Autobranche dieser Tage versammelt ist, gehen die Uhren anscheinend noch etwas anders. Gemäß der Detroit Motorshow scheint das neue Autojahr unter dem Motto zu stehen: von Anfang an Klotzen. Sorgen um Benzinpreise, das war gestern. In Detroit warten so viele neue Luxusschlitten, Zwölf-Zylinder-SUVs sowie Pick-ups und Fun-Cars wie selten zuvor auf das Publikum. Dass Autos bei der jungen Generation als Statussymbol ausgedient haben, scheint die Automanager nicht weiter zu berühren – noch nicht. (Günther Strobl, 11.1.2016)