Für gemütliches Beisammensitzen: Eine römische Gemeinschaftslatrine aus der Fundstätte Lepcis Magna in Libyen.

Foto: Craig Taylor

Trittbrettfahrer der römischen Expansion: Das Ei eines parasitären Peitschenwurms aus einer Fundstätte in der Türkei.

Foto: Piers Mitchell

Cambridge – Der Satz "What have the Romans ever done for us?" aus dem Monty Python's-Film "Life of Brian" ist längst zum geflügelten Wort geworden. Zur Erinnerung: Auf der Sitzung einer Widerstandsgruppe gegen die römische Besatzung Judäas wird diese rein rhetorisch gemeinte Frage gestellt ... doch fallen den Widerstandskämpfern zu ihrem eigenen Verdruss jede Menge gute Antworten ein.

Der harte Kern der Monty-Python's-Fans erinnert sich vielleicht sogar noch an die Reihenfolge der römischen Errungenschaften, die dann aufgezählt werden: Nach dem Aquädukt und noch vor dem Straßennetz folgen bereits an zweiter Stelle die sanitären Einrichtungen.

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An dieser Stelle haken nun britische Archäologen ein und wagen Widerspruch. Sie kommen in ihrer im Journal "Parasitology" veröffentlichten Studie nämlich zum überraschenden Schluss, dass das für antike Verhältnisse überragend ausgefeilte sanitäre System der Römer – von Abwasserkanälen über öffentliche Latrinen und Bäder bis zu Gesetzen zur Müllbeseitigung – der allgemeinen Gesundheit nicht ausschließlich förderlich war. Teilweise kam es sogar zu Verschlechterungen im Vergleich zur vorangegangenen Bronze- und Eisenzeit.

Unerwartete Ergebnisse

Das Team um Piers Mitchell vom Archaeology and Anthropology Department der Universität Cambridge wollte einen Überblick über die öffentliche Gesundheit im Römischen Reich gewinnen und trug dafür Beweismaterial aus verschiedensten Fundstätten quer durch das ehemalige Imperium zusammen. Die Forscher untersuchten antike Latrinen, Gräber, Textilien und Kämme sowie Koprolithe – also versteinerten Kot – auf Spuren von Parasiten.

Und sie wurden fündig: Hinweise auf Ektoparasiten wie Flöhe und Läuse fanden sich ebenso wie solche auf Endoparasiten wie Bandwürmer, Peitschenwürmer und den Einzeller Entamoeba histolytica, den Auslöser der Amöbenruhr. Interessanterweise schrumpfte die Parasitenzahl in einem von Rom besetzten Gebiet aber trotz aller hygienischen Innovationen nicht – sie stieg im Lauf der Zeit sogar immer mehr an.

Mögliche Ursachen

Besieht man sich den archäologischen Befund, kommt man zum Eindruck, dass die Römer zwar viele richtige Ansätze hatten, der Teufel aber im Detail steckte. So hätte die römische Bäderkultur zwar im Prinzip gesundheitspolitischen Nutzen bringen können – allerdings dürfte das Wasser in vielen öffentlichen Bädern nicht sauber genug gewesen sein, so Mitchell. Da es nicht oft genug gewechselt wurde, trieb auf dem warmen Badewasser ein Schaum aus Körperrückständen und Kosmetika, in dem sich Parasiten tummelten.

Ein anderes Beispiel: Per Gesetz war festgelegt, dass menschlicher Kot von den Straßen zu entfernen sei. Dieser wurde dann als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt – was im Prinzip gut funktionieren würde. Allerdings sollten die Exkremente am besten für mehrere Monate kompostiert werden, ehe sie auf Feldern verteilt werden. Wurden sie zu schnell ausgebracht, konnten Parasiteneier lange genug überleben, um über die angebauten Pflanzen wieder zu menschlichen Wirten zurückzufinden.

Ein Römer war nicht weniger verlaust als ein Wikinger

Was Endoparasiten anbelangt, ging es den Bewohnern der von Rom unterworfenen Gebiete also bald schlechter als zu den Zeiten, als sie noch "unzivilisiert" waren. Bezüglich Ektoparasiten wie Flöhe und Läuse kam es zwar zu keiner Verschlechterung, aber auch nicht wirklich zu einer Verbesserung. Bei Ausgrabungen gefundene Läusekämme weisen darauf hin, dass im Römischen Reich regelmäßiges Entlausen zur Routine gehört haben dürfte. Trotz ihrer vielgerühmten Bäderkultur waren die Römer laut Mitchell genauso stark von den kleinen Blutsaugern befallen wie Wikinger und Angehörige anderer Kulturen, die weniger badeenthusiastisch waren.

Insgesamt kommt der Archäologe zu dem ernüchternden Befund, dass die sanitären Innovationen der Römer – von Badehäusern bis zur Abfallbeseitígung – der öffentlichen Gesundheit keinen klaren Nutzen gebracht haben dürften. Um doch noch etwas Positives zu sagen, meinte Mitchell abschließend: Die Leute wurden dadurch zwar nicht gesünder, aber vermutlich haben sie wenigstens besser gerochen. (jdo, 9. 1. 2016)