Alaa Mufleh will jetzt an der Universität Linz studieren.

Foto: Neubacher

Servus, Guten Tag oder Grüß Gott? Alaa Mufleh ist noch unsicher, wie er die Leute auf der Straße am besten grüßt. Doch eines hat er in Österreich gleich gelernt: Deutsch ist seine einzige Chance zu bleiben.

Da muss Alaa nicht lange überlegen. "Ich bin seit genau zwölf Monaten und 22 Tagen in Österreich", antwortet er auf Deutsch. Seit Dezember 2014 wohnt der 26-jährige Syrer in einem Selbstversorgerheim der Volkshilfe in Vöcklabruck. Anfang Oktober 2015 kam endlich der Brief mit dem Termin für die Anhörung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

Ein gutes Bild

Ja, die elf Monate des Wartens auf diesen Termin waren lang, stimmt Alaa zu, viel Zeit, um an zu Hause zu denken: An seinen jüngeren Bruder, der auch bald Richtung Europa aufbrechen wird, oder an die Eltern, die in der syrischen Stadt Daraa oft tagelang nicht das Haus verlassen können. "Ich nutze die Zeit zum Deutschlernen", betont Alaa. Eine Ehrenamtliche gibt ihm seit einem Jahr Unterricht. "Ich möchte, dass die Österreicher ein gutes Bild von uns Syrern haben", sagt Alaa. Er liest Zeitung, er kennt die Vorurteile. Die Anspannung steht dem jungen Syrer ins Gesicht geschrieben. Dann beginnt er zu erzählen.

Ein einfaches Blatt Papier zwingt Alaa im Herbst 2014 zur Flucht. Jahr für Jahr hatte er mit einer Bescheinigung über sein IT-Studium seinen Eintritt ins Militär verschoben. Doch im September 2014 macht er seinen Abschluss an der Uni in Damaskus. Und ihm wird klar: Krieg oder Flucht. "Ich habe mich schnell entschieden", so Alaa. "Alle meine Freunde wollen nach Europa. Als junger Mann bleibt dir keine andere Wahl." Vier Wochen nach dem Abschluss packt er etwas Kleidung, Handy und Dokumente ein und verlässt Syrien.

2.500 Kilometer

Schnell findet Alaas Finger den Punkt auf der Landkarte an der Wand des Wohnheims. Da unten, an der Grenze zu Jordanien liegt Daraa, 2.500 Kilometer von Vöcklabruck entfernt. Hier nimmt im März 2011 der Bürgerkrieg mit Protesten gegen das Regime seinen Anfang. Hier beginnt vier Jahre später auch Alaas Flucht: zuerst mit dem Bus in die Türkei, dann die Überfahrt nach Griechenland. An dieser Stelle verharrt sein Finger kurz im Blau des Mittelmeers. "Du kennst die Bilder aus dem Fernsehen, oder?", fragt er leise. "Schlauchboot", auch dieses deutsche Wort gehört zu seinem Wortschatz.

Zu Fuß geht es weiter über Mazedonien nach Serbien. Dort bezahlt Alaa 1400 Euro und zwängt sich in einen Lkw. Der Fahrer bringt ihn über die serbisch-ungarische Grenze. "Nur ja keine Fingerprints in Ungarn!", hat man ihm davor eingebläut. Der Lkw setzt ihn schließlich direkt im Burgenland ab. Mitte Dezember 2014 erscheint auf seiner Facebook-Chronik "Alaa ist nach Vöcklabruck gezogen".

Linzer Studienpläne

"Das ist jetzt meine Stadt", sagt Alaa stolz, während er in der Wintersonne durch die Vöcklabrucker Altstadt spaziert. Nur: "Viele Junge studieren woanders. Es ist schwer, hier Freunde zu finden". Umso mehr freut sich Alaa über das neueste Blatt Papier in seinem Besitz, ein Antragsformular für die Universität Linz. Alaa kann es kaum erwarten. "Mein größtes Ziel ist es, meinen Master zu machen und dann zu arbeiten." (Daniela Neubacher, 9.1.2016)