Da drinnen schwimmt der Fisch, schon zum zweiten Mal.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Messerscheidemuscheln mit Pastis und Zitrone sind ganz international gut.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Irgendwann hat es Petra Frisch nicht mehr so gefreut, PR zu machen, Konzernsprecherin zu sein, Kommunikation als Gleitmittel für die Geschäfte anderer Leute zu verstehen. Kurz vor Weihnachten sperrte sie mit ihrem Partner Sebastian Slavicek deshalb eine eigene Bude auf, und zwar von jener Sorte, die eigentlich als ausgestorben gilt: einen Fischhandel am unteren Ende der Lerchenfelder Straße, Imbiss inklusive, wie sich das gehört. Seitdem steht sie an der Theke, schuppt Karpfen, nimmt Rotbarben aus (bis auf die Leber!!), packt Kabeljau auf Eis, filetiert Forellen, bricht Austern, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte.

So was geht natürlich nicht von heute auf morgen, schon gar nicht in Wien. Den Spießrutenlauf mit Behörden und Ämtern, den so ein Plan nach sich zieht, tun sich unter Garantie nur quer einsteigende Idealismusopfer an. Auch bei Frisch und Slavicek waren es etliche Monate.

Wein zum Datrinken und Mitnehmen

Jetzt dürfen sie maximal 22 Gäste bewirten, ansonsten wären laut Magistrat noch einmal zwei Klos fällig gewesen. Zum Vergleich: Das vielfach als bestes Restaurant der Welt geltende Noma in Kopenhagen verfügt bei 45 Sitzplätzen über ein einziges Häusl – wie die Wikinger es schaffen, dass da allabendlich kein Hygienenotstand ausbricht, sollten sich unsere amtlichen "Geht ned"-Experten vom Magistrat einmal ansehen, gerne auch auf Steuerkosten.

Aber egal, es ist geschafft. Sebastian Slavicek schupft den Service, wie er das bei Do & Co und im Coburg gelernt hat; in der Küche steht mit Harald Anzböck ein Mann, der zuletzt das hübsche Restaurant im Hotel Lamée bekocht hat; in der Vitrine liegt prächtiger Fisch, wirklich tolle Muscheln. Guten Wein gibt es auch – zum Datrinken sowieso, aber auch zum Mitnehmen.

Wer nicht nur kauft, sondern sich an einem der fünf Tische zum Essen niedersetzt (nur bis 19 Uhr, abendliche Öffnung ist einstweilen nicht geplant), bekommt vorneweg eine Sprotte serviert. Kopf ab – wobei ... – und reinbeißen: So traumhaft gut, so saftig, cremig und doch knackig schmecken die kleinen Fische nur ganz frisch aus dem Rauch. Kein Wunder, dass jene, die sich trauen, meist noch mehr wollen.

Im Toast gebacken

Dann aber Austern, wilde, süße Belons ebenso wie Fines de Claires oder Gillardeaux. Oder Lerchenfelder Fischsuppe, ein zart safranisiertes Kompendium, das – bis auf die Obersfettn – so gut schmeckt, wie sie duftet. Backfisch gibt es, Fischimbiss oblige, auch: Zumindest könnte man den in der Pfanne herausgebackenen Saiblingstoast (innen fein gewürzter Fisch, außen Brösel) so bezeichnen. Samt Mayo mit Koriander und zitronig angemachtem Salat ist das ein ziemlich idealer Snack.

Außerordentlich gut gerät Oktopus, von dicken Armen geschnittene Happen, geradezu perfekt im Biss, mit Cremespinat, der als kräuterige Creme interpretiert wird, und exzellentem Rösti: charmantes Zitat lokaler Siedefleischtradition, toll gekocht. Aber auch Roastbeef mit Creme vom Räucherkarpfen kann als gültige lokale Abwandlung von Vitello tonnato bestehen. Messerscheidemuscheln mit Pastis und Zitrone (siehe Bild) sind hingegen ganz international gut.

Nachspeisen werden nicht selbst gemacht, sondern, viel besser, von der sizilianischen Barbarella-Bäckerei nebenan geholt. Knusprige, frisch gefüllte Cannoli etwa sind so gut, dass der Einkauf im Goldfisch einen ab sofort ganz automatisch auch dorthin führen wird. (Severin Corti, RONDO, 8.1.2016)