Eisenstadt – In der Debatte über Obergrenzen für Asylanträge scheinen sich die Regierungsparteien weiterhin auch intern nicht einig zu sein: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) stimmt mit Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) "überein, dass 90.000 oder 100.000 zu hoch sind", wie er dem ORF Burgenland sagte.

Die ÖVP trommelt seit Tagen medial eine Debatte über Obergrenzen, Details, wie das in der Praxis aussehen soll, blieb sie bisher schuldig. Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sprach aus Kapazitätsgründen von 90.000 bis 100.000 Menschen, Parteifreund Haslauer hält das für zu viel. Rückendeckung bekommt Haslauer nun ausgerechnet vom roten Landeschef Niessl, dessen Partei bisher gegen die Diskussion aufgetreten ist.

Schelling: "Irgendwann ist das Limit erreicht"

Man müsse aber zwischen "Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsmigranten" unterscheiden, betonte Niessl einmal mehr. "Bei Kriegsflüchtlingen soll es keine Grenze geben, aber natürlich können nicht alle Wirtschaftsflüchtlinge nach Schweden, Österreich oder Deutschland kommen." Die Aufnahmeverfahren müssten an der Schengen-Außengrenze durchgeführt werden, "und da müssen auch die Kriegsflüchtlinge auf alle 28 EU-Länder aufgeteilt werden". Dann stelle sich auch das Problem nicht, denn von den 100.000, die nach Österreich gekommen seien, seien vergangenes Jahr vielleicht 30.000 bis 40.000 Kriegsflüchtlinge gewesen.

In der ÖVP wiederum äußert sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) eher zurückhaltend: "Bei Konventionsflüchtlingen und solchen, die um ihr Leben fürchten, kann man keine Obergrenze ansetzen", betonte er in der "Tiroler Tageszeitung" vom Montag. "Bei anderen muss man aber sagen, irgendwann ist das Limit erreicht." Mit dem Zustrom, den Österreich 2015 hatte, sei man "nahe dran". Es gehe nicht darum zu sagen, "80.000 oder 100.000 oder 120.000 Flüchtlinge". Entscheidend werde sein, die Kapazitätsgrenze auf ganz Europa umzulegen. "Ich habe kein Verständnis mehr, dass die Last auf ganz wenigen Ländern ruht, nur weil die extrem attraktiv sind."

Für Platter greift Obergrenze zu kurz

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kann einer Obergrenze für Asylanträge in Österreich nichts abgewinnen. Einfach eine Zahl zu nennen, greife zu kurz, erklärte er auf Anfrage der APA: "Die Flüchtlingskrise muss endlich als gesamteuropäische Herausforderung erkannt und behandelt werden". Es liege vielmehr an der EU, "Kapazitätsgrenzen für Europa zu definieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen". Unter anderem führte Platter eine effiziente Sicherung der EU-Außengrenzen und die Errichtung von Hotspots ins Treffen. "Die Asylverfahren müssen in Hotspots an der Außengrenze abgewickelt werden, damit jene, für die kein Asylgrund besteht, erst gar nicht nach Europa einreisen", argumentierte Tirols Landeschef. Zudem brauche es eine Unterscheidung zwischen echten Kriegsflüchtlingen und jenen, "die aus rein wirtschaftlichen Motiven ihre Heimat verlassen".

Kaiser: Obergrenzendebatte "realitätsfern"

Die Bundesspitze der SPÖ-wollte sich am Montag nicht zu Obergrenzen äußern und verwies lediglich auf eine Aussendung des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser, der auch stellvertretender Parteichef ist. Kaiser hatte die Obergrenzendebatte am Sonntag als "realitätsfern" bezeichnet.

In der Wiener SPÖ wird die Diskussion mit großer Skepsis mitverfolgt. Denn es könne keine "Höchstgrenze für Menschlichkeit" geben, wie der rote Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler am Montag im APA-Gespräch befand. "Die Obergrenzendebatte ist eine Beruhigungspille für die Bevölkerung", kritisierte er entsprechende Vorstöße.

"Denen, die flüchten, muss man helfen", zeigte er sich überzeugt. Dies sei eine große Herausforderung nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa. Hier gibt es laut Niedermühlbichler durchaus noch Handlungsbedarf. Noch seien die Lasten zwischen den einzelnen Staaten nicht gerecht verteilt.

"Theoretisch kann man zwar Höchstgrenzen haben wollen, die Frage ist aber, wie das funktionieren soll", zweifelte der rote Parteimanager an einer Umsetzung: "Das ist nicht machbar. Die Leute stehen ja an der Grenze." Man müsse sich um die Betroffenen kümmern – wenn man nicht in Kauf nehmen wolle, dass etwa Kinder in der Kälte erfrieren. In der Diskussion werde den Menschen "vorgegaukelt", dass es einfache Lösungen gebe. (APA, 4.1.2016)