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Wien – Obwohl die seit dem Sommer angekommenen Flüchtlinge noch nicht im österreichischen Arbeitsmarkt angekommen sind, und erst seit wenigen Tagen Winter ist, waren in Österreich Ende Dezember 475.435 Menschen ohne Erwerbsarbeit. Das sind um 4,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Fast 58.000 waren in AMS-Schulungen (das sind um fast sieben Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum), als arbeitssuchend registriert waren 417.514 Personen (um 6,1 Prozent mehr).

Dramatisch ist die Situation in der Bauwirtschaft, wo fast 40.000 Menschen ohne Arbeitsplatz sind. Im Tourismus hingegen sind um 20.000 Stellensuchende weniger registriert als im November. Das Gros des Zuwachses bei Arbeitslosen kommt aus Wien, wo die Zahl der vorgemerkten Personen im Jahresvergleich um 12,5 Prozent auf 143.501 gestiegen ist. In Vorarlberg und Tirol hingegen kam der Anstieg beinahe zum Stillstand, bei Lehrstellen gebe es im Westen sogar einen Überhang, während sich die Lehrstellenlücke bundesweit um 234 auf 4004 vergrößerte, teilte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) mit.

Im EU-Vergleich liegt Österreich mit einer Arbeitslosenrate von 5,6 Prozent hinter Deutschland, Tschechien, Malta und Großbritannien an fünfter Stelle. Der EU-Durchschnitt beträgt laut Ministerium 9,3 Prozent. Nach nationaler Berechnung ist die Quote um 0,4 Prozentpunkte auf 10,6 Prozent gestiegen.

Hundstorfer erhofft Besserung

Während Hundstorfer Besserung durch die anziehende Konjunktur erhofft, fordert der Wiener FPÖ-Abgeordnete Dominik Nepp eine "Schließung des Wiener Arbeitsmarktes für schlecht qualifizierte Zuwanderer vor allem aus dem Osten." Das Problem sei hausgemacht, die Stadtregierung schaffe keine neuen Jobs.

Die Wiener AMS-Chefin Petra Draxl weist die Forderung nach einer Schließung als "populistisch" zurück. Eine Sperre des Arbeitsmarktes für Asylwerber oder subsidiär Schutzberechtigte sei laut EU-Recht gar nicht möglich und Arbeitsplätze schafften nur die Unternehmer, nicht der Staat. "Das ist eine Argumentation der 1980er-Jahre, die schon damals nicht funktioniert hat", sagt Draxl zum STANDARD. Wien habe im öffentlichen Bereich genügend Arbeitsplätze. Im Übrigen kämen auch gut qualifizierte Migranten nach Wien, verweist Draxl auf den EU-Binnenmarkt und die Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer.

Auch hausgemacht sei das Problem in Wien nicht. Im Gegenteil, sagt Draxl, die Bundeshauptstadt sei de facto der einzige Ballungsraum in Österreich und das ziehe eben Menschen an. Gleichzeitig sei die Beschäftigung allein in der Wiener Baubranche um 6,1 Prozent zurückgegangen, bei Hilfskräften gar um 10,2 Prozent, sagt Draxl. Ob öffentliche Investitionen, allen voran die Wohnbauoffensive der Bundesregierung Entlastung schaffe, werde man frühestens im Frühjahr sehen. Insgesamt werde die Arbeitslosigkeit heuer weiter steigen, aber nicht so stark wie bisher.

Vergleich mit Deutschland

Den Vergleich mit dem deutschen Beschäftigungsrekord rückt AMS-Österreich-Chef Johannes Kopf zurecht: Dass sich der deutsche Arbeitsmarkt deutlich besser entwickle, als der österreichische, liege daran, dass Deutschland ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum habe, eine schrumpfende Bevölkerung und gemessen an der Bevölkerung auch eine geringere Zuwanderung, sagte Kopf in der Mittags-ZiB. In Österreich drückt darüber hinaus die aufgrund der Pensionsreform eingeschränkte Möglichkeit der Frühpensionierungen.

Besserung ist nicht in Sicht. Zu den 21.000 arbeitslos gemeldeten Flüchtlingen (davon 14.000 in Wien), dürften im Laufe dieses Jahres 30.000 bis 35.000 dazukommen. Das Hauptproblem: Etwa die Hälfte aller Arbeitslosen hat nur Pflichtschulabschluss, Asylwerber aus Afghanistan, Tschetschenien und Afrika haben oft nicht einmal diesen. (ung, 4.1.2015)