Jaroslaw Kaczynski lässt sich von Kritik weder beeindrucken noch davon abhalten, seine Pläne zum Umbau Polens umzusetzen. Mit unglaublicher Geschwindigkeit setzt seine von ihm gesteuerte Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) Reformen um, die einen Abbau des Rechtsstaats und eine Einschränkung der Pressefreiheit bedeuten.

Selbst am Silvestertag waren die Politiker aktiv. Nach der Verabschiedung im Sejm, dem polnischen Unterhaus, sprach sich in der Nacht zum Donnerstag auch die Senatskommission für Kultur und Wirtschaft für die Annahme des umstrittenen Mediengesetzes aus. Dass die EU-Kommission – zum zweiten Mal binnen einer Woche – scharfe Kritik geübt und weitere Erklärungen gefordert hatte, beeindruckte Kaczynskis Parteigänger nicht. Die Regierung möchte sich unter anderem auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen und Radio direkten Zugriff sichern und unliebsame Journalisten entfernen. Die Sender sollen zu "Kulturinstituten" erklärt werden, was die Möglichkeit zum Durchgriff auf Programminhalte bedeutet.

Die Regierungspartei nominiert Beamte

Fast unterging, dass der Senat außerdem eine Novelle zum Staatsdienst verabschiedete. Diese sieht unter anderem vor, dass höherrangige Posten von den Regierungsstellen ernannt und nicht mehr ausgeschrieben werden. Zuvor hatte die EU-Kommission bereits einen geharnischten Brief geschrieben und sich besorgt über die Entmachtung des polnischen Höchstgerichts geäußert. Präsident Andrzej Duda vereidigte dennoch die fünf von der PiS nominierten Höchstrichter.

Damit dominiert die rechtsnationale Regierungspartei auf allen Ebenen, die Gewaltenteilung ist de facto aufgehoben: Die PiS hat sogar als erste Kraft überhaupt (mit 38 Prozent der Wählerstimmen) eine absolute Mehrheit im Sejm. Die Exekutive ist durch die nun sanktionierten Besetzungen von Posten durch "Regierungstreue" ebenfalls von ihr gesteuert. Und die Judikative ist durch die Nominierung von Richtern, die der PiS genehm ist, ebenfalls als Korrektiv eingeschränkt.

Kontrolle durch Medien ist auch nicht erwünscht, weshalb der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter Kuratel der Partei gestellt wird. Weitere Schritte, die die Arbeit von Journalisten in anderen Medien einschränken, sind zu erwarten.

Lehre aus dem Scheitern vor zehn Jahren

Der Grund für die Eile beim Umbau der Institutionen sind Lehren, die Jaroslaw Kaczynski aus der Vergangenheit gezogen hat. Bereits 2005 war seine Partei an der Macht, allerdings in einer Koalitionsregierung. Da nach nicht einmal zwei Jahren die Drei-Parteien-Koalition zerbrach, hatte er zu wenig Zeit, seine Pläne umzusetzen. Damals war der rechtsnationale Politiker mit heftiger Kritik in den Medien konfrontiert, die Möglichkeiten dazu will er nun einschränken.

Was er plant, hat Kaczynski bereits 2006 in einem Interview offen ausgesprochen: "Unser Ziel ist die Zerschlagung des Paktes, der das politische, wirtschaftliche und in gewissem Sinne auch gesellschaftliche Leben steuert. Das ist wichtiger als die Frage, welche Steuern wir haben oder wie die Wirtschaftspolitik so oder so ist."

EU muss schärfere Maßnahmen setzen

Aus seiner Sicht hat Kaczynski, der sich selbst gar nicht der Wahl gestellt hat, eine zweite Chance bekommen – und die nutzt er. Dass sich er und seine Getreuen um Kritik der EU nicht scheren, haben sie gezeigt. Bis ein Vertragsverletzungsverfahren entschieden ist, kann das Jahre dauern. Bis dahin kann und wird Kaczynski seinen Umbau fortsetzen. Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten werden sich andere Schritte überlegen müssen: Ein Einfrieren der EU-Förderungen wäre eine Möglichkeit. (Alexandra Föderl-Schmid, 1.1.2016)