Ausgangspunkt: Die neue Führung der OMV will offenbar Kernbereiche des Unternehmens an die russische Gazprom verkaufen (um dafür ein Viertel eines sibirischen Gasfeldes zu bekommen). Die Details des möglichen Deals werden von der OMV öffentlich nicht kommentiert, aber von etlichen Experten als undurchsichtig und staatspolitisch fragwürdig kritisiert – vor allem in einem Standard-Interview von Brigitte Ederer, als Politikerin und Managerin ausreichend ausgewiesen.

Ein Dementi kam von Peter Oswald, Aufsichtsratspräsident der OMV: Das Unternehmen werde nicht an die Gazprom verkauft. Das war aber nicht die Frage, sondern ob die OMV unter den strategischen Einfluss dieses russischen Staatsbetriebes und Kerninstruments von Putins Einflusspolitik gerät.

Wer bisher geschwiegen hat, ist die österreichische Bundesregierung. Der Finanzminister als Verwalter des 31,5-Prozent-Staatsanteils an der OMV gibt keinen Kommentar ab. Der Bundeskanzler hat sich auch noch nicht gemeldet.

Worauf sich folgende Fragen stellen: Der neue OMV-Chef Rainer Seele, ein Deutscher, war und ist für seinen Putin-freundlichen Kurs bekannt. Im Herbst vergangenen Jahres äußerte er sich dazu bei einer Veranstaltung der Industriellenvereinigung in der Weise, die bei vielen Managern mit Interessen in und an autoritären Regimen typisch ist: Ja, natürlich sei Russland eine "besondere" Demokratie, aber jedes Land müsse seine eigenen Entscheidungen treffen usw., usw. Waren diese Haltung und die weitgehende strategische Umorientierung der OMV auf Russland der Regierung bekannt? Und wer hat sich Seele als OMV-Chef einfallen lassen? Gerüchteweise soll Siegfried Wolf weiter die Fäden ziehen. Der Topmanager bei einem russischen Konzern wurde auch deswegen als Aufsichtsratspräsident der Verstaatlichtholding ÖIAG (jetzt: Öbib) abgelöst.

Bekannt müsste (hoffentlich) auch der Bundesregierung sein, dass Gazprom, der größte Erdgasproduzent der Welt, vollkommen dem inneren Führungskreis Putins unterliegt und als Machtinstrument des Putin'schen Imperialismus dient. Innenpolitisch bedeutet das, dass die Gazprom kritische Medien übernimmt und "umdreht". Außenwirtschaftspolitisch versucht die Gazprom bei europäischen Endverteilern von Gas Einfluss zu gewinnen, um den Zugriff nicht zu verlieren, wenn es andere Lieferer als Russland gibt. Anfang 2015 drohte Gazprom den EU-Ländern mit dem Zudrehen des Gashahns, sollten sie den Einstieg in das Geschäft mit den europäischen Endverbrauchern weiter verhindern.

Die strategische Dimension von Seeles Plänen ist offenkundig. Man kann natürlich darüber diskutieren, möglicherweise gibt es gute Gründe. Wobei: An sich will die EU die Abhängigkeit von Russland ja vermindern. Aber es gibt von Regierungsseite keine Diskussion oder Erklärung. Man kann daher nur mutmaßen, ob diese Hinwendung zu Russland von SPÖ und ÖVP abgesegnet wurde oder einfach nur so passiert. Beide Möglichkeiten sollten einen mit großem Unbehagen erfüllen. (Hans Rauscher, 29.12.2015)