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Künftig müssen Familien vorab darüber aufgeklärt werden, was 24-Stunden-Betreuerinnen dürfen und was nicht.

Foto: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Wien – Sie werden engagiert, um zu helfen. Doch Verständigungsprobleme und mangelnde Qualifikationen können das Leben mit einer 24-Stunden-Betreuungskraft schwerer machen als erwartet. Umgekehrt kann die Betreuerin – die meisten sind Frauen – in einen Haushalt kommen, in dem nichts den getätigten Angaben entspricht. Auch aggressives Verhalten kann Betreuerinnen, von denen die meisten aus der Slowakei und Rumänien kommen, das Leben schwermachen.

Einige dieser Probleme vermögen die 2015 in Österreich erarbeiteten gesetzlichen Maßnahmen in puncto 24-Stunden-Betreuung, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft treten, zum Teil zu lindern. Andere aber nicht. Unter Federführung des Wirtschaftsministeriums wurden Standes- und Ausübungsregeln für die Vermittlungsagenturen selbstständiger Betreuungskräfte erarbeitet. Sie sollen bessere Qualität, Vergleichbarkeit und Transparenz bringen. Im Frühjahr war im Gewerberecht eine Trennung zwischen den Vermittlungsagenturen und den Betreuerinnen selbst erfolgt.

Bedarf vor Ort zu erheben

In den neuen Standesregeln wird etwa vorgeschrieben, dass Interessenten darüber aufgeklärt werden müssen, was Personenbetreuer dürfen und was nicht. Auch müssen der Betreuungsbedarf und die Situation vor Ort erhoben werden. Ein schriftlicher Vermittlungsvertrag muss erstellt werden, in dem Leistungsinhalte transparent darzustellen sind.

Christian H. Elsner, Geschäftsführer der Firma Elsner Pflege, die 24-Stunden-Betreuerinnen vermittelt, begrüßt die Neuerungen – vor allem, dass künftig erst ein Auftrag gegeben werden darf, wenn die zu betreuende Familie vorher aufgesucht wurde. "Ich frage mich nur, wie man das kontrolliert", sagt er. Bisher habe es Agenturen aus Rumänien oder der Slowakei gegeben, die Betreuerinnen losgeschickt hätten, ohne vorher deren Arbeitsumfeld anzusehen.

"Zu schwammig"

Die neue Regelung, die besagt, dass sämtliche Leistungen aufzulisten sind, empfindet Elsner aber als zu schwammig. "Da steht nicht genau, was das heißen soll", meint er. Was zudem noch gar nicht Eingang gefunden habe, seien Bestimmungen hinsichtlich der Qualifikation der Betreuerinnen selbst.

"Das muss der nächste Schritt sein", meint Elsner. In manchen Firmen – auch bei ihm – gelte als Mindeststandard ein Pflegezertifikat, das 240 Stunden Ausbildung durch anerkannte Hilfsorganisationen umfasst. Es gebe aber auch Anbieter mit "Pflegeakademien", die nur Module von zweimal 18 Stunden vorsähen. Außerdem fordert Elsner einheitliche Vermittlungsverträge. So dürften manche Betreuerinnen nur alle vier Monate nach Hause, während andere alle vier Wochen wechseln.

800 Euro aus eigener Tasche

Eine Familie müsse mit rund 1800 Euro Kosten im Monat rechnen, abzüglich Pflege- und Fördergeldern blieben bei Pflegestufe 3 etwa 800 Euro aus eigener Tasche zu bezahlen, sagt Elsner. Bei besonderen Anforderungen kann der Betrag höher sein. Bei billigen Firmen, von denen manche etwa an Fahrtkosten der Betreuerinnen sparten, niedriger.

Mehr Qualitätserfordernisse und Kontrollen wünscht sich auch Grünen-Sozialsprecherin Judith Schwentner. Sie fordert daher, die Personenbetreuung in ein reglementiertes Gewerbe umzuwandeln. Außerdem brauche es Mindeststandards bei Unterkunft und Verpflegung der Betreuerinnen sowie Anlaufstellen für Geschädigte und Betreuerinnen.

"Wird sich bewähren"

Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, dass die neuen Ausübungs- und Standesregeln "in enger Abstimmung mit den relevanten Interessenvertretern und den in der Praxis tätigen Organisationen erarbeitet" worden seien und man davon ausgehe, "dass sich die Reform in der Praxis bewähren wird". Bezüglich der Forderungen zur weiteren Qualitätsverbesserung verweist man auf die Gewerbeordnung von 1994, die ja bereits Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Personenbetreuung vorsehe.

24-Stunden-Betreuung ist längst kein Randthema mehr: Hilfsorganisationen gaben die Zahl der Menschen, die diese in Österreich in Anspruch nehmen, zuletzt mit rund 27.000 an. Die Zahl stieg in den vergangenen Jahren – und wird es wohl weiter tun. (Gudrun Springer, 30.12.2015)