Wien – Für die SPÖ gibt es bereits einen Stichtag, es ist der 15. Jänner, da treten Vorstand und Präsidium zusammen. Tagesordnungspunkt: die Bundespräsidentschaftskandidatur. Zum jetzigen Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass der Kandidat Rudolf Hundstorfer heißt, auch wenn viele in der Partei, zunehmend auch Hundstorfer selbst, davon Bauchweh haben. Die Chancen, sich gegen Erwin Pröll, Alexander Van der Bellen, Irmgard Griss und einen FPÖ-Kandidaten (genannt werden Ursula Stenzel und Josef Moser; Norbert Hofer hat bereits abgesagt) durchsetzen zu können, stehen nicht gut.
Kandidat aus der Koalition
Hundstorfer steht für die große Koalition, aus der er kommt, und die ist beim Wahlvolk derzeit alles andere als gut angeschrieben. Wenn Hundstorfer allerdings antritt, bedingt das eine Regierungsumbildung. Bundeskanzler Werner Faymann könnte dann nicht nur das Sozialministerium neu besetzen, sondern die Chance zu einem größeren Umbau nutzen. Als Ablösekandidat gilt Verteidigungsminister Gerald Klug.
Vorrecht der Gewerkschaft
Für die Nachfolge Hundstorfers sind mehrere Personen, allesamt aus dem direkten Gewerkschaftsumfeld, im Gespräch: der Präsident himself, Erich Foglar, Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, Bernhard Achitz, leitender Sekretär im ÖGB, oder Sabine Oberhauser, die derzeitige Gesundheitsministerin, was einen weiteren Umbau bedingen würde.
Polizist für alle Fälle
Für die Nachfolge von Gerald Klug im Verteidigungsministerium wird vor allem ein Name genannt: Hans Peter Doskozil, der burgenländische Polizeichef. Er hat sich durch seine souveräne Handhabung der Flüchtlingskrise im Sommer empfohlen. Doskozil wird aber auch noch für ein anderes Ressort genannt: Der Polizist ist ebenso als neuer Innenminister im Gespräch. Dann nämlich, wenn es zwischen SPÖ und ÖVP zu einem Ressorttausch kommt. Diskutiert wird, ob die Koalitionspartner nicht das Innenministerium und das Verkehrsministerium tauschen.
Getauschte Kompetenzen
Faymann und die SPÖ sind extrem unzufrieden damit, wie Johanna Mikl-Leitner im Innenministerium die Flüchtlingsbewegungen und die damit verbundenen Folgen managt. Umgekehrt hat die ÖVP längst ein Auge auf das Infrastrukturministerium geworfen, das gut zu ihrem Anspruch der Wirtschaftskompetenz passen würde.
Zwei Schlüsselressorts
Die vermeintlich zu schwache Kontrolle der ÖBB durch das Ministerium ist der ÖVP längst ein Dorn im Auge. Beide Parteien könnten also zeigen, was sie in einem jeweils anderen Ressort besser machen würden. Getauscht würde ein extrem personalintensives Innenministerium gegen ein extrem finanzstarkes Infrastrukturministerium – zwei Schlüsselressorts.
Wechsel nach Oberösterreich
Für den bisherigen Infrastrukturminister Alois Stöger würde das bedeuten, dass ihn die Partei zurück nach Oberösterreich schickt, um dort die ÖVP ernsthaft herauszufordern. Der bisherige Landeshauptmann Josef Pühringer wird bei der nächsten Wahl nicht mehr für die ÖVP antreten, für die SPÖ ist das jedenfalls eine Chance, in diesem wichtigen Bundesland nach den hartnäckigen Verlusten wieder Fuß zu fassen.
Bei den Planspielen in der SPÖ wird immer wieder Beamtenstaatssekretärin Sonja Steßl genannt, die bei Faymann sehr gut angeschrieben sei und für alle möglichen Jobs genannt wird.
Prölls Bedingungen
Auch die ÖVP dürfte einen gröberen Umbau in Angriff nehmen – und zwar zeitgleich mit der SPÖ. Dem Innenministerium dürfte mit höchster Wahrscheinlichkeit Mikl-Leitner abhandenkommen. Dann nämlich, wenn Erwin Pröll, bisher Landeshauptmann in Niederösterreich, als Kandidat für die Präsidentschaftswahl antritt. Noch hat sich Pröll nach Informationen aus seiner Umgebung nicht endgültig entschieden, er soll aber bereits Bedingungen an Parteichef Reinhold Mitterlehner gestellt haben: Eine davon ist, dass Mikl-Leitner als seine Nachfolgerin zurück nach Sankt Pölten wechselt.
Rolle mit Inbrunst
Pröll ist davon überzeugt, dass die Präsidentschaftswahl für ihn zu gewinnen ist, wenn er antritt. Offenbar tut er sich aber schwer damit, sich aus seiner Rolle als Landeshauptmann, die er seit 23 Jahren mit Inbrunst wahrnimmt, zu verabschieden.
Lehre aus PR-Desaster
Sollte Mikl-Leitner, wie von Pröll gefordert und von Mitterlehner ohnehin bereits ins Auge gefasst, Landeshauptfrau in Niederösterreich werden, tut sich für die ÖVP ein "Frauenproblem" auf. Nach dem PR-Desaster von Linz, wo jetzt eine rein männliche Landesregierung am Werken ist, will die Bundesregierung ihren Frauenanteil keinesfalls verringern. Männliche Kandidaten für das Innenministerium gäbe es genügend: Auf SPÖ-Seite wäre das neben Doskozil auch Klubchef Andreas Schieder. Auf ÖVP-Seite bringt Pröll etwa Sebastian Kurz, bisher Außenminister, mit Nachdruck ins Spiel.
Mitterlehners Spielraum
Ein Spielraum für Mitterlehner tut sich mit dem Umweltressort auf, wo Minister Andrä Rupprechter zur Disposition steht. Dort könnte eine Frau nachfolgen: Im Gespräch sind die Kärntnerin Elisabeth Köstinger, derzeit Abgeordnete zum Europäischen Parlament und Vizepräsidentin des Bauernbundes, oder Klaudia Tanner, Bauernbund-Direktorin in Niederösterreich. Der Nachteil an dieser Rochade: Es wäre kein Vertreter der Westachse Salzburg, Tirol und Vorarlberg mehr in der ÖVP-Mannschaft vertreten, wogegen diese schon prophylaktisch bei Mitterlehner ihren Protest einlegt.
Balance der Bünde
Als Ablösekandidatin in der ÖVP gilt auch Familienministerin Sophie Karmasin, die in der Partei keinerlei Lobby hat. Eine logische Nachfolgerin drängt sich nicht auf, möglicherweise könnte hier die Westachse bedient werden, um die heikle Balance der Bünde und Länder in der ÖVP zu wahren. (Michael Völker, 30.12.2015)