Linz – Die Bundesregierung müsse rascher Lösungen bieten, der Kanzler mehr "Leadership" zeigen, findet der als "Kronprinz" Josef Pühringers geltende oö. LHStv. Thomas Stelzer (beide ÖVP). In der Flüchtlingsfrage glaube er, dass der EU-Nettozahler Österreich auch als kleines Land etwas erreichen könne. Mit der APA sprach er u.a. über Frauenquoten, das schwarz-blaue Klima und das Kreuz im Klassenzimmer.

Die Bundesregierung agiere zu selten gemeinsam, kritisiert Stelzer. "Das ist ein Modell, das auf Dauer keinen Erfolg haben kann." Ob er sich eine andere Koalition – etwa wie in OÖ mit Blau – wünsche? "Da möchte ich jetzt keine Ratschläge Richtung Wien geben und als Oberg'scheitl auftreten." Zweiter in der Regierung sei kein dankbarer Platz. "Daher muss man das Beste daraus machen und schauen, dass gehandelt wird und nicht der Zank im Vordergrund steht."

Bei der Performance der Bundesregierung sieht Stelzer vor allem Kanzler Werner Faymann (SPÖ) gefordert: "Für das Klima in der Regierung ist immer der Erste hauptverantwortlich. Der Kanzler muss mehr Leadership zeigen und schauen, dass Lösungen und Antworten gefunden werden." Mit seinem eigenen Parteichef Reinhold Mitterlehner, einem Oberösterreicher, ist er hingegen sehr zufrieden: "Er macht das sehr gut, benennt auch Themen, kommt bei den Leuten an."

Bei allem Lob übt Stelzer aber auch Kritik an der Bundespartei: "Wir versuchen als ÖVP im Land möglichst schnell Lösungen und Antworten im Sinne der Leute zu bieten. Die ÖVP auf Bundesebene könnte mithelfen, wenn sie uns mit einer lösungsorientierten Strategie in der Bundesregierung unterstützt". Zum einen gehe es um die Flüchtlingsfrage, wo "de facto eine Obergrenze eintreten wird", die er mit 1,5 Prozent beziffert. Eine zweite Herausforderung sei die Stärkung des Standortes und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Wenn man auf die Sorgen der Leute eingehe, "kann man auch als ÖVP auf Bundesebene wieder reüssieren". Bei der Bundespräsidentenwahl plädiert Stelzer für einen Kandidaten "aus den eigenen Reihen", ein Name kommt ihm aber noch nicht über die Lippen.

Die seit Oktober bestehende schwarz-blaue Regierungszusammenarbeit in OÖ laufe "sehr professionell und in einer sehr angenehmen Atmosphäre". Dennoch will Stelzer nicht von einer Koalition sprechen: Das Vereinbarte werde gemeinsam umgesetzt, der Rest obliege der freien Mehrheitsfindung. Die zwölf Jahre mit den Grünen seien hingegen trotz koalitionsfreier Räume "eine richtige Koalition" gewesen. Dass Schwarz-Blau nun weniger die Energiewende und mehr die Industrie im Fokus hat, sieht er selbst im Licht des Klimavertrags von Paris nicht als rückwärtsgewandt: "Wir müssen auf die industrielle Produktion im Land schauen."

Stelzer ist u.a. für Bildung zuständig. Mit seiner Skepsis gegenüber Gesamtschul-Modellregionen – "Ich werde niemanden dazu verpflichten" – führt er den bisherigen oö. Kurs fort. Zudem setzt er Akzente, die den neuen Verhältnissen im Land entsprechen: Er plant einen Wertekodex für Schulen, will die Deutschpflicht in die Hausordnungen schreiben und betonte schon mehrfach die Bedeutung des Kreuzes im Klassenzimmer.

"Ich halte es für zeitgemäß, dass wir uns wieder mehr zu sagen trauen, wir haben eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Traditionen, eine Art und Weise des Zusammenlebens." Das drücke sich in Symbolen aus. "Das Kreuz gehört da dazu." Ob er umgekehrt ein Problem damit habe, wenn eine Schülerin ein Kopftuch trage? "Nur, wenn es jemandem aufgezwungen wird." Ob man das verbietet oder nicht, will er aber den einzelnen Schulen überlassen und sich "nicht von oben einmischen". Die vom Bildungsministerium als unzulässig eingestufte Deutschpflicht plant er juristisch prüfen zu lassen.

In der Landesregierung, die als einzige in Österreich zu 100 Prozent aus Männern besteht, betreut Stelzer auch die Frauenagenden. "Der Idealfall ist es natürlich nicht", räumt er ein. Als Zeichen sieht er, dass das Frauenbudget gleich belassen wurde, obwohl es in den um zehn Prozent gekürzten Ermessensbereich falle. Von einer Quote, wie sie die ÖVP-Frauen wollen, hält er "persönlich nicht wirklich viel". Fix sei aber, dass bei der nächsten Regierungsumbildung eine Frau zum Zug komme.

Stelzer (48) soll Josef Pühringer (66) als Landeshauptmann beerben – wann, steht in den Sternen, aber er wird unübersehbar in Position gebracht. Der "Kronprinz" selbst übt sich in Zurückhaltung: "Jetzt bin ich gerade gewählt worden und versuche in den Ressorts die ersten Dinge umzusetzen." Er macht aber kein Geheimnis daraus, dass er das Finanzressort gerne weiter in den Händen des LH sehen würde. Das habe "zu einer Festigung des Platzes des Ersten geführt". (APA, 29.12.2015)