Wien – Die Quantenphysik gilt als eines der großen Zukunftsfelder der Wissenschaft. Ihre Grundlagen sollen einmal für extrem schnelle Computer sorgen. Ein anderes Hoffnungsgebiet ist die sogenannte Quantenkryptografie: Da verschränkte Lichtteilchen wie durch Zauberhand miteinander verbunden bleiben, kann das Phänomen zur abhörsicheren Übertragung von Schlüsseln verwendet werden.

Der Übertragungsrekord liegt bei 144 Kilometer, aufgestellt zwischen zwei Kanarischen Inseln von einem Team rund um den Quantenphysiker und ÖAW-Präsidenten Anton Zeilinger. Viel weiter dürfte es nicht gehen, da die Erdatmosphäre die Lichtsignale stört. Für größere Distanzen muss man Satelliten bemühen: Dann bewegen sich die Photonen großteils im luftleeren Raum.

Aus diesem Grund hat Zeilinger 2010 ein Abkommen für ein Satellitenprojekt mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften unterzeichnet. Voraussichtlich im späten Frühjahr 2016 soll der chinesische Satellit "Quantum Experiments at Space Scale" ins All starten. Mit an Bord ist unter anderem ein von den Wiener Physikern mitgestaltetes Experiment, mit dem aus einer polaren Umlaufbahn in 600 bis 800 Kilometern Höhe verschränkte Photonen zur Erde gesendet werden – und zwar an Bodenstationen in Wien und China, die einzelne Photonen detektieren können.

Eine mögliche Lücke

Schwedische Physiker haben nun allerdings eine Lücke in der Quantenkryptografie entdeckt. Bisher galt es als unumstößlich, dass sich ein Lauscher immer verraten würde, da die Verschränkung von Photonenpaaren zusammenbricht, sobald jemand den Zustand eines der beiden Photonen misst. Geschieht dies durch einen Dritten, lässt sich dies vom Empfänger erkennen.

Jonathan Jogenfors (Uni Linköping) und seine Kollegen berichten nun im Fachblatt "Science Advances" von einer Möglichkeit, eine weiterhin bestehende Verschränkung vorzutäuschen, obwohl sie längst durch das Anzapfen des Schlüsselaustauschs verloren gegangen ist. Dieser Hackerangriff gelingt, indem die sensiblen Empfänger der Photonen gleichsam geblendet werden. Spezielle Lichtpulse überdecken dabei das schwache Photonensignal und gaukeln den Detektoren vor, dass ein verschränktes Signal empfangen wurde.

Die Forscher geben in ihrem Artikel aber auch Hinweise, wie diese Sicherheitslücke geschlossen werden kann. (tasch; APA, 23.12.2015)