Carl Baudenbacher mit Irmgard Griss bei der Pressekonferenz anlässlich der Präsentation des Hypo-Untersuchungsberichts im Dezember 2014.

APA/HELMUT FOHRINGER

Am Mittwoch, dem 16. Dezember 2015, wurde das Hypo-Logo vom Dach der Bankzentrale in Klagenfurt abmontiert.

Foto: APA / MICHAEL WALCHER

Für den Schweizer Juristen Carl Baudenbacher, der unter der Leitung von Irmgard Griss Mitglied der Hypo-Untersuchungskommission war, ist die Forderung nach Offenlegung ihrer Unterlagen ein "unzulässiger Angriff auf die Unabhängigkeit der Kommission". Sie sei nie berichtspflichtig gewesen, so Baudenbacher.

STANDARD: Die Parlamentarier im Hypo-U-Ausschuss haben Unterlagen der Griss-Kommission angefordert; die wurden aber vernichtet. Warum hat die Untersuchungskommission nicht damit gerechnet, etwas vorlegen zu müssen?

Baudenbacher: Die Forderung der Parlamentarier ist ein unzulässiger Angriff auf die Unabhängigkeit der Untersuchungskommission. Die war und ist niemandem berichtspflichtig.

STANDARD: Es geht ja auch um die Nachvollziehbarkeit Ihres Untersuchungsberichts.

Baudenbacher: Die Kommission hatte eine gerichtsähnliche Funktion – und Sie gehen ja auch nicht zu einem Gericht und verlangen dessen interne Akten.

STANDARD: Die Protokolle Ihrer Auskunftspersonen: hochgeheim?

Baudenbacher: Diese Unterlagen sind ja nicht aus der Welt. Die Befragten haben ihre Protokolle, die Abgeordneten müssen sie nur darum fragen. Die Kommission kann diese Protokolle ohne Zustimmung nicht herausgeben, die Befragten haben ja im Vertrauen auf Verschwiegenheit ausgesagt. Und diese Protokolle waren auch nicht die Basis unseres Berichts, die Aussagen dienten nur dazu, einen persönlichen Eindruck zu bekommen, und zur Abrundung unseres Bildes. Unser Bericht fußt hauptsächlich auf schriftlichen Unterlagen. Man muss halt den Bericht zur Gänze lesen – und nicht nur die Kurzfassung.

STANDARD: Irmgard Griss sagt, es sei ausgemacht gewesen, die Akten zu vernichten. Was hätte dagegen gesprochen, sie dem Staatsarchiv anzuvertrauen?

Baudenbacher: Es tut mir leid, dazu kann ich nichts sagen, ich bin kein Österreicher und kenne Ihre diesbezüglichen Gebräuche nicht. Ich als Richter habe nur mitgetan, weil der Kommission die volle Unabhängigkeit zugesagt war. Über den Verbleib der Akten habe ich mir damals keine Gedanken gemacht.

STANDARD: Was spräche dagegen, die Unterlagen unter höchster Geheimhaltungsstufe ans Parlament zu liefern?

Baudenbacher: Diese Frage stellt sich nicht. Die Abgeordneten können sich nicht einfach anmaßen, etwas zu verlangen – dazu fehlt jede Rechtsgrundlage. Und der Ton ist unangemessen.

STANDARD: Die Kommission stand außerhalb jeder Kontrolle?

Baudenbacher: Die Hypo-Untersuchungskommission war einmalig in der Geschichte Österreichs: unabhängig und wie ein Höchstgericht ohne Instanz darüber. Bei der Konstituierung fürchteten die Abgeordneten, dass wir nicht unabhängig gegenüber der Regierung sein würden, aber wir waren es, daran gibt es keinen Zweifel. Jetzt glauben sie plötzlich, wir wären berichtspflichtig. Man muss diese Kritik schon auch vor dem Hintergrund der Zeit sehen, der Kandidatur von Frau Griss für die Präsidentenwahl. Es sieht schon seltsam aus, dass diese Sache genau da hochgekocht wurde, als sie ihre Kandidatur bekanntgab.

STANDARD: Die Griss-Kommission hat die Verstaatlichung der Hypo kritisiert, sie sei "nicht alternativlos" gewesen. Was sagen Sie zur Aussage von Exfinanzminister Josef Pröll im Ausschuss?

Baudenbacher: Er reiht uns offenbar unter "die Besserwisser im Nachhinein" ein. Dieser Vorwurf ist falsch, wir haben dem Minister durchaus Ermessen zugebilligt, aber ein Strategiepapier vermisst. Faktum ist: In der entscheidenden Nacht hatte er keine Alternative zur Verstaatlichung an der Hand, und die ging offensichtlich schief. (Renate Graber, 22.12.2015)