Mit Drohungen ist das so eine Sache: Je öfter man eine ausspricht und je länger es dauert, ohne dass irgendetwas daraus folgt, desto stumpfer und unglaubwürdiger wird die Drohung. Mit diesem Effekt hat David Cameron gerade arg zu kämpfen. Angetrieben von radikalen EU-Feinden im Land und Europaskeptikern in seiner Partei, kündigt der britische Premierminister seit Jahren an, Großbritannien könnte aus der Union austreten, wenn sie sich nicht ändere; wenn die Partner sich seiner Tory-Regierung nicht mittels EU-Reformen unterordnen.

Damit hat er im Frühjahr Wahlkampf gemacht, eine beeindruckende Mehrheit im Unterhaus erkämpft. Eine seiner Kernforderungen war, dass EU-Ausländer, die sich im UK frei niederlassen, die dort leben, arbeiten und Steuern zahlen, von bestimmten Sozialleistungen, wie Briten sie erhalten, auf Zeit ausgeschlossen werden. Was am Stammtisch leicht gesagt ist, lässt sich im juristischen Schliff von Verträgen aber nicht so leicht umsetzen. Diskriminierung unter EU-Bürgern ist verboten – ein Grundrechtsverstoß.

Cameron muss also vom platten Versprechen abrücken. Wenn überhaupt, kann er neue Forderungen und Ausnahmen nur durch Sonderregelungen in einem geänderten EU-Vertrag durchsetzen. Das dauert Jahre, bedarf der Ratifizierung durch alle EU-Staaten. Das geht sich vor dem geplanten Referendum zum EU-Verbleib nie und nimmer aus. Der Premier hat ein Problem: Er hat die Briten geblufft. (Thomas Mayer, 18.12.2015)