Auf der Bühne arbeitet Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters, mit Opulenz und Farben. In seiner Wohnung in Absam setzt er eher auf Tierisches und Schwarz-Weiß. Wojciech Czaja hat ihn besucht.

"Die künstlerische Arbeit am Theater ist geprägt von einer Vielfalt an optischen Reizen, je nach Genre auch von überbordender Farbigkeit und ja, manchmal geht es auch richtig bunt zu. An meinem privaten Rückzugsort brauche ich dann dringend ein bisschen Beruhigung von all dieser Opulenz. Meine Wohnung in Absam ist daher farblich zurückhaltend gestaltet. Es dominieren Schwarz und Weiß sowie bestenfalls noch Grau- und Beigetöne.

"Die vielen Straußeneier sind Urlaubserinnerungen und die Kuhfelle eine Reminiszenz an das Alpenländische." Johannes Reitmeier in seinem nicht ganz so reduzierten Wohnzimmer.
Foto: Günter Richard Wett

Einen gewissen Hang zu Dekorativem strahlt die Wohnung aus, das höre ich von Besuchern immer wieder. Wenn ich behaupten würde, der Wohnstil sei reduziert, würde ich gewiss lügen. Einen Minimalisten würde bei uns vermutlich der Schlag treffen, wobei ich gestehen muss: Ich bewundere Menschen, die die Disziplin haben, sich in einem minimalistischen Wohnambiente einzurichten. Für mich wäre das zu viel Anstrengung um der Perfektion willen.

Wir wohnen in Absam. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, etwas räumliche Distanz zum allgegenwärtigen Theaterleben zu suchen. Die wenigen Kilometer aufs Land hinaus sind etwas sehr Wichtiges für mich. Da kann ich in Ruhe den Alltag hinter mir lassen. Ich wohne hier mit meinem Lebensgefährten Günther Meiser. Wir kennen uns seit 26 Jahren. In unserer Wohnung leben wir auf 145 Quadratmetern zur Miete. Sie befindet sich in einem schönen historischen Tiroler Landhaus aus dem 19. Jahrhundert. Unsere seltene gemeinsame Freizeit verbringen wir in unserem Haus in meiner Heimat im Bayerischen Wald. Es wurde von einem damals bekannten Architekten im späten Jugendstil errichtet.

Ich habe eine gewisse Affinität zu Häusern mit Geschichte. Mir gefällt zeitgenössische Architektur zwar sehr, aber ich schätze sie eher bei öffentlichen Bauten. Für mein Wohnambiente ist sie mir meistens zu kühl und zu sachlich. Da brauche ich das Warme, das Vertraute, das Gemütliche um mich herum. Meine Einrichtung ist eine Mischung aus ganz unterschiedlichen Möbeln mit Vergangenheit: Antiquitäten, Trödel, Sammlerstücke. Und immer wieder ein bisschen Stilbruch, zum Beispiel moderne Kunst an den Wänden. Das finde ich spannend. Alles, nur kein Einrichtungskatalog und kein Designstudio!

Die vielen Straußeneier sind Erinnerungen an Urlaubsreisen. Die meisten davon stammen von Farmen in Südafrika, eines unserer bevorzugten Reiseziele. Als Reminiszenz an den alpenländischen Wohnstil gibt es zudem Kuhfelle in Form von Teppichen, Hockern und Polstern sowie ausgefallene Leuchten aus Hirschgeweih, die wir auf Ebay ersteigert haben. Ja, es geht hier in der Tat recht animalisch zu. Ein Haustier haben wir übrigens auch: Anni, eine Jack-Russell-Hündin, geborene Münchnerin, macht sich hier liebend gerne breit.

Der Rest ist vor allem in Schwarz-Weiß gehalten. Was es damit auf sich hat? Ich bin ein Freund von Kontrasten, hell und dunkel, Yin und Yang. Ich finde ja, es ist das Unlogische, das Paradoxe, das Widersprüchliche, was einen Ort erst stimmig und faszinierend macht. Vielleicht sind diese Widersprüche auch ein Spiegel meines Charakters.

Interessanterweise ist man in seinen Visionen ja immer dort, wo man in der Wirklichkeit gerade nicht ist. Und so kommt es, dass ich – seit ich in den Bergen wohne – von Weite und von Wasser träume. Nicht von der sturmumpeitschten, schroffen Küste wie in Schottland, sondern mehr von einem milden, mediterranen Ambiente. So wie vielleicht am Lido di Venezia. Ob ich mir diesen Wohntraum je erfüllen werde? Wahrscheinlich nicht. Aber wer kann schon sagen, was die Zukunft bringt!" (Wojciech Czaja, 21.12.2015)