Juravenator starki, ein junger Raubdinosaurier.

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Als der Ammonit der Gattung Subplanites auf den Grund des Meeres sank, hinterließ er im feinen Sediment eine Rollmarke

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Auch Schildkröten wie Platychelys oberndorferi gehören zur Solnhofener Fauna.

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Ein Maul voller Zähne: Der Schädel eines noch unbestimmten Ichthyosauriers.

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Diese fossile Pflanze gehört zu den Bärlapppflanzen und wird in die Verwandtschaft der Gattung Nathorstiana eingeordnet.

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Der kleine Pterosaurier Anurognathus in einer UV-Aufnahme.

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Das Fossil von Sciurumimus gilt als der am Besten erhaltene Dinosaurier Europas. (Aufnahme unter UV-Licht)

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Wien – Als Charles Darwin 1859 seine Entstehung der Arten veröffentlichte, hätte er sich gewünscht, die in seiner Evolutionstheorie vorhergesagten Übergangsformen mit entsprechenden Belegen untermauern zu können. Fast als hätte es der geniale Naturforscher bestellt, tauchte schon 1861 nach dem Fund einer einzelnen Feder ein Skelett eines Tieres auf, das eindeutige Eigenschaften eines Dinosauriers zeigte – jedoch deutliche Abdrücke von Federn an Armen und Schwanz aufwies.

Der erklärte Darwin-Gegner Richard Owen kaufte das heute als "Londoner Exemplar" bekannte Fossil für die naturgeschichtliche Sammlung des British Museum an, um damit zu verhindern, dass es als Beleg für die Richtigkeit der Evolutionstheorie verwendet werden könnte. Trotzdem wurde Archaeopteryx lithographica, der "alte Flügel", rasch als fehlendes Bindeglied zwischen den Reptilien und den modernen Vögeln erkannt.

Auch wenn der rund 150 Millionen Jahre alte jurassische Urvogel heute näher bei den Dromaeosauriern angesiedelt wird als bei den echten Vögeln, gilt er weiterhin als das klassische Beispiel eines "missing link" und seine Überreste als die weltweit bekanntesten Fossilien.

Berühmter Fundort

Mit Archaeopteryx wurde auch sein Fundort berühmt: Zwar wurden die Plattenkalksteinbrüche der Frankenalb in der Umgebung des mittelfränkischen Solnhofen bereits zur Römerzeit für Baumaterial wie Bäderverfliesungen genutzt, später galten die feinkörnigen Platten als die beste Wahl für die Steindrucktechnik – die Lithografie war es daher auch, die dem Urvogel seinen Artnamen gab. Unsterblicher Weltruhm wurde den Plattenkalken allerdings erst durch die spektakulären Fossilienfunde in außergewöhnlicher Qualität zuteil. Bei Fossilienfundstellen mit bemerkenswert guter Erhaltung spricht man von Konservatlagerstätten. Von solchen Lagerstätten gibt es für die verschiedenen Erdzeitalter jeweils nur wenige. Die Aufschlüsse rund um Solnhofen können sich dabei in jeder Hinsicht mit den besten der besten messen. Für die Paläontologen ist ein Fundort wie die Plattenkalke ein Panoramafenster in eine längst vergangene Welt, da hier nicht nur einzelne Arten studiert werden können, sondern gleich ein ganzes Ökosystem.

Dem Fundortkomplex der süddeutschen Plattenkalke wurde nun ein monumentales Werk mit dem schlichten Titel Solnhofen gewidmet. Über tausend Abbildungen sind auf 620 Seiten in zwei großformatigen Bänden untergebracht, vierzig Autoren beteiligten sich mit Textbeiträgen zu unterschiedlichen biologischen, präparationstechnischen und historischen Themenbereichen. Mit Jürgen Kriwet von der Universität Wien und Ursula Göhlich vom Naturhistorischen Museum arbeiteten auch heimische Forscher an dem Projekt mit.

Die absoluten Stars der Fossilienparade sind natürlich die Dinosaurier: Neben Archaeopteryx, von dem mittlerweile ein ganzes Dutzend Exemplare bekannt sind, welche auch alle präsentiert werden, tummeln sich die kleinen Raubdinosaurier Compsognathus, Juravenator und Sciurumimus. Letzterer, der wegen seines buschigen Schwanzes den Namen "Eichhörnchennachahmer" erhielt, wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt und gilt als der am besten erhaltene Dinosaurier Europas.

Der junge theropode Dinosaurier Sciurumimus albersdoerferi wurde als Landbewohner vermutlich durch ein Unwetter in die Lagune gespült.
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Lebensfeindliche Umwelt

Doch die beeindruckende Qualität der Solnhofener Fossilien ist nicht nur auf Dinos beschränkt, sondern quer durch den Stammbaum des Lebens zu bewundern. Durch die besonderen Erhaltungsbedingungen in dem Oberjura-Meer sind zum Teil sogar Weichteile der Lebewesen überliefert. Möglich wurde dies durch lebensfeindliche anoxische Umweltbedingungen in den bodennahen Wasserschichten und im Boden selbst. Die Kadaver der Tiere konnten daher ungestört von Aasfressern in Sediment eingebettet werden.

Zahlreiche Insektenarten sind in den Plattenkalken überliefert. Bei diesem Exemplar der Libelle Aeschnogomphus buchi sind feinste Details der Flügelstrukturen überliefert.
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Als Ergebnis sind feinste Details erhalten, von den Federn des Archaeopteryx über Flughäute von Pterosauriern bis hin zu Fangarmen von Kopffüßern und der Äderung von Insektenflügeln. Eine weitere Besonderheit der Solnhofener Fossilien ist deren Lumineszenz unter UV-Licht. Dabei werden Details sichtbar, die mit freiem Auge praktisch nicht wahrgenommen werden können. Dieser Effekt wird im Buch anhand zahlreicher Beispiele und Gegenüberstellungen mit normal belichteten Aufnahmen gezeigt. Eine unüberschaubare Vielfalt an fossilen Pflanzen, Krebsen, Stachelhäutern, Haien, anderen Fischen, zahlreichen anderen Sauriern und weiteren Reptilien wie Krokodilen und Brückenechsen runden die Sammlung ebenso ab wie ein Blick auf andere vergleichbare Fossillagerstätten aus dem Oberen Jura Deutschlands und Frankreichs.

Wer also kurz vor Weihnachten noch auf der Suche nach einem hochwertigen Präsent für eine naturwissenschaftlich interessierte Person ist, könnte hier das richtige Objekt vor sich haben, um Freude zu schenken: Selten noch wurde ein Fundortkomplex derart opulent und umfassend aufbereitet. (Michael Vosatka, 19.12.2015)