Man soll sich nicht gleich zu viel erwarten von dem Umstand, dass die EU mit Serbien nun konkret Verhandlungen über einen Beitritt aufgenommen hat. Nach dem Ansuchen, dem Durchleuchten aller gesetzlichen und wirtschaftlichen Strukturen des Landes und einer Empfehlung der Kommission ist das ein logischer Schritt. Man beginnt einmal mit ein, zwei sogenannten Kapiteln – bestimmten Verhandlungsmaterien. Nicht mehr.

Der serbische Premier Aleksandar Vucic sprach davon, dass er auf einen Abschluss schon 2019 hoffe. Wahrscheinlich ist das nicht. Vor 2020 wird es allein wegen der vielen Probleme, die die Union mit sich selbst und ihren Mitgliedsstaaten hat, keine neuen Mitglieder geben. Nicht nur Serbien ist (wie die Türkei) noch nicht reif. Auch die brüchige Gemeinschaft ist es nicht. Solche Zieltermine haben vor allem eine psychologische Funktion für Kandidaten.

Wer ein Datum vor Augen hat, strengt sich mehr an. Viel wichtiger ist ohnehin der Prozess der Veränderung, der jetzt beschleunigt wird, die Anpassung des Bewerberlandes an die Standards der Union. Bei Serbien geht es zudem vor allem um eine Normalisierung im Verhältnis zum Kosovo und um dessen Anerkennung (die auch noch von mehreren EU-Staaten ausständig ist): ohne Kosovo-Lösung kein Beitritt. Es gilt die alte Regel: Die Union hat nie so großen Einfluss auf ein Land wie in den Jahren der Beitrittsverhandlungen. (Thomas Mayer, 15.12.2015)