Einige Betreiber von Kindergruppen haben nun rechtliche Schritte wegen der Vorstudie des Religionspädagogen Ednan Aslan angekündigt. Dem Vorstand einer der Gruppierungen wird laut Studie ein Naheverhältnis zur Muslimbrüderschaft nachgesagt

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Foto: heribert corn, www.corn.at

Wien – Die Betreiber muslimischer Kindergärten in Wien gehen in die Offensive. Sie wehren sich gegen die im Rahmen eines Forschungsprojekts geäußerten Vorwürfe. Die Vorstudie des Islamwissenschafters Ednan Aslan beinhalte etwa, so wurde am Freitag in einer Aussendung kritisiert, strafrechtlich relevante Vorwürfe – gegen die man rechtliche Schritte eingeleitet habe.

Unterzeichnet wurde die Aussendung von der "Kindergruppe Karim", dem Betreiber "Lernen fürs Leben – Kindergarten", dem integrativen Bildungs- und Informationszentrum Ibiz und der "Islamischen Vereinigung" in Österreich. Dem Vorstand dieser Gruppierung wird laut Studie übrigens ein Naheverhältnis zur Muslimbrüderschaft nachgesagt.

An Qualitätssteigerung interessiert

"Wir möchten als Kindergärten in Trägerschaft von MuslimInnen klarstellen, dass wir sehr an einer Qualitätssteigerung interessiert sind. Wir bemühen uns, unser Personal fortzubilden, und tauschen uns auf zahlreichen Tagungen und Konferenzen von KindergartenpädagogInnen regelmäßig aus", betonten die Betreiber. Man freue sich über Kritik, weil sie helfe, die Qualität zu steigern. Die genannte Studie weise jedoch Mängel auf.

Keine konstruktive Kritik

Die publizierten Resultate sind laut den Betreibern schlicht "nicht konstruktiv in ihrer Kritik". So werde die Offenheit der Kindergärten für das Forschungsprojekt bemängelt. Dabei seien viele gar nicht angefragt worden, wird versichert. Die Trägervereine würden laut eigenen Angaben gerne wissen, nach welchen Kriterien die Einrichtungen ausgesucht wurden und warum es "Ergebnisse" zu Kindergärten gebe, die gar nicht kontaktiert worden seien.

Zu wenige Eltern befragt

Laut der Aussendung wurden bei geschätzten 10.000 Kindern in "islamischen" Einrichtungen lediglich neun Eltern befragt. "Das ist keinesfalls repräsentativ", heißt es. Außerdem kenne man die Fragebögen nicht und könne das Forschungsdesign damit nicht nachvollziehen.

Versichert wird, dass alle in den jeweiligen Gruppen beschäftigten Pädagogen qualifiziert seien. Auch das Bildungsangebot entspreche dem Bildungsplan der Stadt Wien: "Es gibt keinerlei abweichende oder gar geheime Curricula." Gesprochen werde Deutsch, auch wenn mitunter muttersprachliche Förderung angeboten werde, "weil dies nachweislich dem Erwerb der deutschen Sprache dient". Und: "In unseren Kindergärten lernen die Kinder den selbstverständlichen Umgang mit kultureller und sprachlicher, oftmals auch religiöser Vielfalt kennen, sie werden befähigt zu einem Leben in einer pluralistischen Gesellschaft", erklären die Betreiber.

Liberale Muslime für Schließung radikaler Einrichtungen

Amer Albayati, der Präsident der Initiative Liberaler Muslime Österreich (Ilmö), zeigte sich in einer Aussendung hingegen solidarisch mit dem Studienautor. Ilmö verwies darauf, dass man bereits 2009 "in aller Deutlichkeit" auf Verbindungen zwischen der Muslimbruderschaft und radikalen Islamisten sowie Kindergartenvereinen, Schulen und Moscheevereinen hingewiesen habe: "Passiert ist seither nichts. Die Stadt Wien wurde getäuscht und hat dadurch jahrelang konsequent die Augen vor der Realität verschlossen. Das muss nun ein Ende haben."

Offenlegung gefordert

Die Ilmö fordert eine Offenlegung der Finanzierung der Trägervereine, wesentlich intensivere Kontrollen und ein "klares Bekenntnis" zu modernen pädagogischen Methoden, säkularer Betreuung und zur deutschen Sprache: "Wir bekräftigen alle Studienergebnisse als wahr und richtig. Wir haben Fotos von unter Sechsjährigen, die im Kindergarten allesamt Kopftuch tragen, und viele anderen Belege. Diesen Kindern wird ihre verspielte Kindheit verstümmelt oder zerstört ihre Chancen in einer freien Gesellschaft." Radikale Einrichtungen sollen deshalb verboten werden.

Stadt Wien: Regelmäßige Anfragen bei Verfassungsschutz

Das Rathaus bekräftigte am Freitag, dass vor jeder Neubewilligung beim Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung angefragt werde, ob gegen die jeweiligen Betreiber etwas vorliege. 2014 waren das insgesamt 143 Kindergärten oder -gruppen. In keinem einzigen Fall habe es Einwände gegeben, betonte eine Sprecherin der zuständigen Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ).

Schönborn mahnt Pluralität ein

Auch der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn klinkte sich am Freitag in die Debatte ein. Er sprach sich für eine sorgfältig erarbeitete Richtlinie für Kindergärten zum Thema Religion aus. Eine solche hatten die Verantwortlichen der Stadt vor dem Treffen am Donnerstag mit Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt. Laut Schönborn sind dabei weniger die Inhalte der Knackpunkt als eine "im Kindergarten erlebbare Haltung der Wertschätzung anderen Überzeugungen gegenüber".

"Auch im Kindergarten dürfen religiöse Trägerschaft und Pluralität kein Widerspruch sein", befand Schönborn. Dass dieser Anspruch eingelöst werden könne, zeigen laut Schönborn die Einrichtungen der katholischen Kirche: "In unseren Kindergärten spielt die christliche Religion eine wichtige Rolle. Dennoch fühlen sich auch nichtkatholische und nichtchristliche Kinder bei uns wohl, weil sie gerade mit ihrem eigenen religiösen oder auch nichtreligiösen Hintergrund wertgeschätzt werden."

Häupl: Kurz betreibt "Wien- und SPÖ-Bashing"

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) stellte in einem Interview mit dem ORF-Radio klar, dass er nicht für jeden einzelnen Kindergarten die Hand ins Feuer legen wolle – er verwies aber gleichzeitig auf Maßnahmen zur Deradikalisierung. Er kritisierte aber auch die Vorwürfe von Kurz, der Wien in den vergangenen Tagen wiederholt in die Pflicht genommen hatte. "Ich kann nicht nachvollziehen, was die Bundes-ÖVP reitet", sagte Häupl, der ein "Wien- und SPÖ-Bashing" ortete. (APA, 11.12.2015)