Foto: TU Wien

Ein neues Christian Doppler(CD)-Labor an der Technischen Universität (TU) Wien zerstört Elektronik – um deren Lebensdauer zu erhöhen. In dem Mittwochnachmittag eröffneten CD-Labor für "Lebensdauer und Zuverlässigkeit von Grenzflächen in komplexen Mehrlagenstrukturen der Elektronik" werden dazu gemeinsam mit Industriepartnern wie Infineon Materialforschung und Belastungstests durchgeführt.

Kein Produkt kann jahrelang getestet werden, bevor es auf den Markt kommt. Deshalb sind Methoden erforderlich, die in möglichst kurzer Zeit zeigen, wie lange elektronische Bauteile halten. Im neuen CD-Labor wird die Elektronik dazu mechanisch belastet, an Stromkreise angeschlossen, erhitzt und abgekühlt – und das bis zu einige tausend Mal in der Sekunde. "Durch diese Art der Belastung schaffen wir es, die Materialien innerhalb von Stunden altern zu lassen", erklärte Laborleiterin Golta Khatibi in einer Aussendung der TU.

Künstliche Belastungszyklen

Wichtig ist, dass solche künstlichen Belastungszyklen tatsächlich denselben Effekt haben wie reale, über Jahre verteilte Beanspruchung in der alltäglichen Anwendung. "Um vom einen Fall auf den anderen schließen zu können, muss man das Verhalten der Materialien im Detail verstehen, und genau daran werden wir hier in den nächsten Jahren arbeiten", sagt Khatibi.

Grundsätzlich sind die physikalischen Eigenschaften von Metallen oder Halbleitern gut bekannt. Diese Werte lassen sich aber in der Größenordnung, wie sie in der Mikroelektronik vorherrscht, nicht mehr direkt verwenden. "Der Zusammenhang zwischen der mechanischen Belastung und der Dehnung des Materials, die Härte, das Ermüdungsverhalten – viele physikalische Größen sind auf Mikrometerskala ganz anders als bei großen Materialproben", so Khatibi. Die Forscher wollen deshalb die Materialeigenschaften genau auf der Größenskala bestimmen, auf der sie in der Halbleitertechnik eingesetzt werden.

Khatibis für vier Jahre zur Hälfte

Neben Infineon ist das oberösterreichische Unternehmen F&S Bondtec, ein Spezialist für Verbindungs- und Prüftechnik, an dem CD-Labor beteiligt. Das neue CD-Labor ist das erste an der TU Wien, das von einer Frau geleitet wird. Und es ist das erste mit einer vom Wissenschaftsministerium und der Christian Doppler Gesellschaft (CDG) mitfinanzierten Stiftungsleitung. Das Ressort und die CDG tragen dabei die Personalkosten Khatibis für vier Jahre zur Hälfte, die andere Hälfte kommt von der Uni.

Das neue Labor hat laut CDG ein Budget von knapp 1,5 Mio. Euro, etwa die Hälfte davon wird von der öffentlichen Hand bereitgestellt. Ziel der CD-Laboratorien ist die Förderung der anwendungsorientierten Grundlagenforschung und der Brückenschlag zwischen Unis und der Wirtschaft. Jedes der maximal sieben Jahre bestehenden Labors wird zur Hälfte von Industrie-Partnern finanziert, die andere Hälfte übernimmt die aus öffentlichen Mitteln gespeiste CDG. (APA, 10.12. 2015)