Stockholm/Oslo – Die Nobelpreisträger 2015 sind am Donnerstag in Stockholm und Oslo geehrt worden. Zuerst nahm das tunesische Quartett für den nationalen Dialog den Friedensnobelpreis in Norwegens Hauptstadt Oslo entgegen. Der Verbund aus vier Organisationen – Gewerkschaftsverband, Arbeitgeberverband, Menschenrechtsliga und Anwaltskammer – wurde für seinen gemeinsamen Einsatz für Demokratie in Tunesien geehrt.

Das Quartett war nach sozialen Unruhen 2013 gegründet worden und hatte einen friedlichen politischen Prozess in Gang gebracht. Am späten Nachmittag überreichte König Carl XVI. Gustaf in der schwedischen Hauptstadt die Auszeichnungen in den Kategorien Literatur, Medizin, Physik, Chemie und Wirtschaftswissenschaft.

Zwei Preisträgerinnen

Den Literaturnobelpreis erhielt die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch "für ihr vielstimmiges Werk, das dem Leiden und dem Mut in unserer Zeit ein Denkmal setzt". Die Journalistin spürt in ihren Büchern wie "Secondhand-Zeit" anhand von Interviews den bitteren Folgen der Sowjetherrschaft nach. Sie sammle "den Alltag von Gefühlen, Gedanken, Worten", hatte die 67-Jährige bei der traditionellen Nobelrede am Montag erklärt. Es ist erst das 14. Mal, dass eine Frau den Preis erhalten hat.

Auch mit dem Medizin-Nobelpreis wurde in diesem Jahr eine Frau bedacht: Die chinesische Parasitenforscherin Youyou Tu nahm die Auszeichnung gemeinsam mit Satoshi Omura aus Japan und dem in den USA lebenden gebürtigen Iren William Campbell in Empfang. Alle drei haben Wirkstoffe entdeckt, die Millionen Menschen vor dem Tod durch Tropenkrankheiten wie Malaria bewahrt haben.

In der Physik wurden die Teilchenforscher Takaaki Kajita aus Japan und Arthur McDonald aus Kanada geehrt. Sie haben gezeigt, dass Neutrinos Masse haben. Wissenschafter waren lange von dem Gegenteil ausgegangen. Die elektrisch neutralen Elementarteilchen sind zentraler Bestandteil des Standardmodells der Teilchenphysik.

Den Chemie-Nobelpreis überreichte der schwedische König an drei Erbgut-Forscher: den Schweden Tomas Lindahl, Paul Modrich aus den USA und den türkisch-amerikanischen Wissenschafter Aziz Sancar. Indem sie lebenswichtige Reparatur-Sets für Erbgutschäden enträtselt haben, lieferten die drei Männer wichtige Erkenntnisse etwa für die Suche nach Krebsmedikamenten.

Der britisch-amerikanische Konsum- und Armutsforscher Angus Deaton nahm den Nobelpreis für Wirtschaft entgegen. Er ist der einzige der mit je acht Millionen schwedischen Kronen (rund 860.000 Euro) dotierten Preise, der nicht auf das Testament des Dynamit-Erfinders Alfred Nobel zurückgeht. Die schwedische Reichsbank stiftete den "Preis der schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften zum Andenken an Alfred Nobel" erstmals 1968.

Die Nobelpreise werden jedes Jahr am Todestag des Preisstifters Alfred Nobel in Stockholm und Oslo verliehen. Auf den Festakt in Stockholm sollte am Abend ein feierliches Bankett folgen, an dem traditionell die schwedische Königsfamilie teilnimmt.

(APA, 10.12.2015)