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Bastian Schweinsteiger wurde in Wolfsburg nach enttäuschender Performance ausgewechselt. Die totale Unzufriedenheit schien der einstigen Bayern-Lichtgestalt ebenso ins Gesicht geschrieben wie seinem Coach Louis van Gaal.

Foto: EPA/PETER STEFFEN

Wolfsburg/Manchester – Manchester United steht wieder einmal vor einem Scherbenhaufen. Zum zweiten Mal in Serie geht die K.-o.-Phase der Champions League ohne den englischen Rekordmeister in Szene. Im vergangenen Jahr waren die Red Devils als Ligasiebenter überhaupt nur Zuschauer. "Wir sind besser als letztes Jahr", sagte Trainer Louis van Gaal – ein mehr als schwacher Trost.

Möglicher Gegner für Rapid

Nach der 2:3-Niederlage am Dienstag in Wolfsburg muss United mit dem Umstieg ins Sechzehntelfinale der Europa League vorliebnehmen und ist damit ein möglicher Gegner von Rapid Wien. Die Kritik an van Gaal ist durch das erste Aus in der CL-Gruppenphase seit 2011 aber nur gewachsen. Dem Niederländer wird seit Monaten ein zu sehr auf Ballbesitz orientierter Sicherheitsspielstil vorgeworfen. Kritisiert wird van Gaal auch für seine Einkaufspolitik. Stars wie Angel Di Maria, Falcao und Robin van Persie wurden weggeschickt. Die Neuen konnten bislang nicht überzeugen.

Schwacher Trost

"Im Moment kann ich mich nicht verteidigen, weil wir aus der Champions League ausgeschieden sind. Jedes Wort, das ich sage, ist falsch", meinte van Gaal. "Aber wenn man sich die Fakten ansieht: Wir sind im Ligacup weiter gekommen (als im vergangenen Jahr), haben uns für die Champions-League-Gruppe qualifiziert, haben all diese Spiele gespielt und sind in der Liga immer noch in einer sehr guten Position."

Nur noch zwei Ziele

Nach 15 von 38 Runden liegt United in der Premier League punktegleich mit Manchester City auf Rang vier. Drei Zähler fehlen auf Sensationstabellenführer Leicester City. Durch das CL-Aus kann man sich möglicherweise sogar besser auf die nationalen Aufgaben konzentrieren. Van Gaal: "Wir müssen auf das nächste Jahr warten, aber wir haben immer noch genug, worum wir kämpfen können, den FA-Cup und die Premier League."

Eindhoven im Glück

Die Europa League hat in England traditionell keinen hohen Stellenwert, häufig treten die Teams dort nicht in Bestbesetzung an. Viel lieber hätte United natürlich in der Champions League überwintert. Der Sieger von 1999 und 2008, der 1968 auch den Meistercup gewonnen hatte, musste nach der Niederlage in Wolfsburg aber Außenseiter PSV Eindhoven den Vortritt lassen.

Sündenbock

"Es war ein verrücktes Spiel", sagte van Gaal. Besonders unglücklich war der 64-Jährige mit der Vorstellung von Bastian Schweinsteiger. "Ich kann nicht sagen, dass das der Schweinsteiger von meiner Zeit aus München war", betonte der frühere Bayern-Trainer. "Ich habe ihn ausgewechselt, und ich wechsle Spieler nicht einfach nur so aus." Bereits vor einigen Tagen hatte van Gaal moniert, dass Schweinsteiger derzeit nicht auf höchstem Niveau spiele. Dessen früherer Klubchef Karl-Heinz Rummenigge erwiderte via "Sport-Bild": "Ich bin ein bisschen enttäuscht von Louis, er soll den Bastian in Ruhe lassen, er wollte ihn unbedingt haben."

25-Prozent-Schweinsteiger

Laut Statistik gewann Schweinsteiger nur 25 Prozent seiner Zweikämpfe, weshalb der ehemalige Profi John Hartson im BBC-Radio ätzte: "Schweinsteiger ist nur noch ein Viertel des Spielers, der er früher war." Der "Guardian" schrieb süffisant: "Der Fußballer, der so lange Zeit wie ein Mercedes geschnurrt hatte, hustete und stotterte, während Spieler mit VW-Logos auf der Brust immer wieder an ihm vorbeirasten."

Defensivprobleme

Der Kritik kann sich aber auch der Startrainer selbst nicht entziehen. "Greift an, greift an", hatten die United-Fans angesichts der abwartenden Spielweise zuletzt skandiert. Ironie des Schicksals, dass die Red Devils ihre Torflaute zwar beendeten, in Wolfsburg aber an defensiven Unzulänglichkeiten scheiterten. "Wir müssen analysieren, warum das passiert ist", sagte van Gaal. "Normalerweise sind wir sehr gut in diesem Aspekt."

Kritik von Scholes, Ferdinand, Owen

Auch prominente Ex-Spieler sparten als TV-Experten nicht mit Kritik. "Wenn man bedenkt, wie viel Geld sie ausgegeben haben, kann man die Enttäuschung der Fans verstehen", meinte Rio Ferdinand. "Der Druck auf Louis van Gaal wächst." Sein früherer Teamkollege Michael Owen kritisierte, dass in den vergangenen 18 Monaten viel Unterdurchschnittliches geholt wurde.

"Man muss sagen, dass sie nicht so gut eingekauft haben, wie sie es hätten tun können", befand Paul Scholes, der seine Karriere vor zwei Jahren beendete. "United ist nur ein durchschnittliches Team, und mit einem durchschnittlichen Team bekommt man durchschnittliche Leistungen."

250-Millionen-Euro-Shoppingtour

Damit sich diesbezüglich etwas ändert, sollen die Verantwortlichen in Manchester bereit sein, tief in die Tasche zu greifen. Angeblich soll der Coach demnächst für 250 Millionen Euro einkaufen dürfen, 200 Millionen sollen laut "Daily Telegraph" allein für Neymar vom FC Barcelona geboten werden. Van Gaals Vertrag, der letzte seiner Trainerkarriere, läuft noch bis 2017. (APA, Reuters, sid, 9.12.2015)