Das Bundesheer funktioniert, solange es nichts zu tun hat. Stört jedoch Unerwartetes die lähmende Routine, stößt die Armee rasch an ihre Grenzen – wie nun in der Flüchtlingskrise zu beobachten ist. Der Grenzeinsatz des Heeres offenbart Ressourcenmangel an allen Ecken und Enden, vom Transport bis zur Verpflegung. Fehlt nur noch, dass sich die Soldaten selbst vor den Notquartieren des Roten Kreuzes anstellen.

Ursache ist der Sparkurs, der sich fataler auswirkt, als es der Fall sein müsste: Denn der Staat kürzt nicht nur die Mittel, sondern gibt sie obendrein für das falsche Heer aus.

Als vor zwei Jahren die Wehrpflicht zur Debatte stand, beschworen die Verteidiger die Rolle der Krisenfeuerwehr, wobei die Skifahrernation in erster Linie an Lawinen und das Hahnenkammrennen dachte. Nun zeigt sich: Verlangt ein Ernstfall komplexere Fähigkeiten als Schneeschaufeln, braucht das Heer mitnichten Grundwehrdiener, sondern Profis. Aus vernünftigen Gründen werden keine rudimentär ausgebildeten 19-Jährigen an der Grenze als Ersatzpolizisten auf zehntausende verzweifelte Flüchtlinge losgelassen. Und bei aller Wertschätzung für knapp 300 Wehrdiener, die in der Etappe helfen: Bedarf an Zeltaufstellern rechtfertigt keine flächendeckende Wehrpflicht.

De facto leistet sich Österreich also sowohl ein Berufsheer als auch ein Volksheer samt dem notwendigen Apparat – mit der Folge, dass das Geld an beiden Enden fehlt. (Gerald John, 6.12.2015)