Jerusalem – Israelischen Archäologen ist es gelungen, eines der größten und ältesten Mysterien aus der Frühzeit Jerusalems zu lösen. Die Wissenschafter entdeckten kürzlich bei Ausgrabungen unter dem früheren Givati-Parkplatz südlich des Tempelberges Überreste der legendären Festung Acra. Die Zitadelle war vor etwa 2.150 Jahren unter dem Seleukiden-König Antiochus IV. Epiphanes gebaut worden. Wo genau sie lag, war lange Zeit rätselhaft.

Die Ausgrabungsstelle war bereits in der Vergangenheit für zahlreiche sensationelle Funde gut: Unter anderem hatte man dort nahe der Davidsstadt einen byzantinischen Palast und einen muslimischen Markt freigelegt. Inzwischen haben die Forscher jene Schichten, die aus der Zeit des Zweiten Tempels stammen, weitgehend abgetragen. Darunter kommen nun jene Bereich zum Vorschein, die aus der Periode der griechischen Herrschaft und der Makkabäerzeit stammen.

Foto: Assaf Peretz/Israel Antiquities Authority

Was die Archäologen um Doron Ben-Ami, Yana Tchekhanovets und Salome Cohen von der Israel Antiquities Authority (IAA) dort freilegen konnten, kann durchaus als Sensation gewertet werden: Der Abschnitt einer massiven Mauer, die Fundamente eines Turms (4 Mal 20 Meter) und ein Glacis, also eine flache Aufschüttung vor dem Verteidigungswall, lassen sich anhand von Beifunden als Überreste jener hellenistischen Festung identifizieren, die im 2. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung dazu diente, Jerusalem im Allgemeinen und den Zugang der Juden zum Tempelberg im Besonderen zu kontrollieren.

Foto: Assaf Peretz/Israel Antiquities Authority

Erwähnt wurde die Festung im biblischen Makkabäer-Buch und in den Schriften des jüdischen Geschichtsschreibers Josephus Flavius. Unter Antiochus III. gelangte Jerusalem 198 vor unserer Zeitrechnung unter die hellenistische Herrschaft der Seleukiden, einem jener Staaten in Vorderasien, die aus dem Reich Alexanders des Großen hervorgegangen waren. Unter Antiochus IV. Epiphanes wurde die Festung Acra errichtet, um den zum Zeustempel umgeweihten Tempel besser unter Kontrolle halten zu können.

Foto: Clara Amit/Israel Antiquities Authority

Die Umwidmung des Tempel wurde von der jüdischen Bevölkerung als allergrößter Frevel aufgefasst, was schließlich zum Makkabäer-Aufstand führte. 164 v.d.Z. konnte der Tempel zurück erobert werden. Dieses Ereignisses wird noch heute während des Chanukkafestes gedacht. Im Verlauf des Aufstandes fiel nach einer längeren Belagerung schließlich auch die Festung. Bleimunition für Schleudern sowie Pfeilspitzen (vorangegangenes Foto), die mit einem Dreizack, dem Symbol von Antiochus III., versehen waren, sind nicht nur Zeugen dieser Belagerung, sondern belegen auch, dass es sich tatsächlich um die Festung Acra handeln muss.

Darüber hinaus haben die Archäologen auch zahlreiche Münzen aus der Regierungszeit des Antiochus IV. und des Antiochus VII. und aus der Ägäis importierte Wein-Amphoren (Bruchstücke im Bild) entdeckt. Auch diese Funde beweisen die Anwesenheit von Nichtjuden in der Zitadelle. "Die sensationelle Entdeckung erlaubt es uns erstmals, das Aussehen Jerusalems vor dem Makkabäer-Aufstand zu rekonstruieren", erklärt der Archäologe Doron Ben-Ami die weitergehende Bedeutung der Ausgrabung. (red, 6.12.2015)

Foto: Clara Amit/Israel Antiquities Authority