Weiße Räume sind oft mit Angstgefühlen verbunden.

Foto: Kages

Der Künstler Richard Kriesche versucht mit Farben und Lichtinstallationen ein anderes ästhetisches Raumklima zu schaffen.

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Seit zweieinhalb Jahren arbeitet er an dem Farbprojekt.

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Graz – Am Anfang war die Farbe Weiß. Rein, sauber, hygienisch. Seit immer gilt weiß als medizinisch verordneter Farbzustand in Spitalszimmern. Mittlerweile ist dieses Krankenhausweiß längst negativ aufgeladen. "Diese Weißräume sind Angst-Räume geworden", sagt Richard Kriesche.

Der Medien- und Konzeptkünstler hat in den letzten zweieinhalb Jahren in Kooperation mit der Chefetage der steirischen Landesspitalsholding (Kages) versucht, farblich und mit Lichtinstallationen in den Krankenzimmern der chirurgischen Abteilung am Klinikum Graz ästhetisch zu intervenieren. Erstes Fazit der dazu laufenden Untersuchung seines Projektes "pillen_werk": die künstlerische Farbumwandlung der Zimmer wirkt sich laut Resümee von Kages-Chef Karlheinz Tschelissnigg überaus positiv auf den "Wohlfühlfaktor" der schwer kranken Patienten und letztlich auch auf deren Genesung aus.

"Die erste, die Farbe in die Krankenzimmer gebracht hat", sagt Kriesche, "war die Pharmaindustrie". Es waren die bunten Pillen, die auch als Orientierungshilfe für das Spitalspersonal eingefärbt wurden, um Verwechslungen vorzubeugen. Kriesche nahm die Pillenfarbpalette als Grundlage für die Farbgestaltung und schuf in den Spitalszimmern, in denen Patienten nach Operationen zur Genesung liegen, auf die jeweilige Umgebung abgestimmte Licht- und Farbmuster. Er habe sich künstlerisch "in ein Metier gewagt, in dem geboren, gelebt und gestorben wird." Es sei der bisher "extremste Raum", in dem er tätig gewesen sei, sagt Kriesche.

"Es ist keine kuratierte Kunst, sondern wir haben es hier sozusagen mit einer kurativen Kunst zu tun", sagt der steirische Spitalslandesrat Christopher Drexler. Tatsächlich sind "heilende" Wirkungen der Farb- und Lichtinstallationen deutlich beobachtbar. Bei schwer kranken Patienten verringere sich etwa der Zustand der Delirien um 30 Prozent, da der Tagesrhythmus durch die Farb- und Lichtsignale besser simuliert werde, sagt Tschellissnigg. Patienten fühlten sich in den "Kunstzimmern" nach Operationen signifikant wohler als jene in alt-weißen Krankenzimmern.

Auf die Räume habe "ein regelrechter Run" eingesetzt. "Die Patienten reißen sich darum, in die Zimmer verlegt zu werden, etlichen kommen mit dem Wunsch, in die neuen Zimmer umgelegt zu werden", sagt der Kages-Vorstandschef. Das Projekt soll nun jedenfalls auf weitere Stationen ausgeweitet werden.

Theoretischer Hintergrund des Projektes ist ein von Kriesche entwickeltes Konzept einer "Unternehmensästhetik". Kriesche: "Das bedeutet, dass alle künstlerischen Maßnahmen aus dem Unternehmen selbst gewonnen werden. Unternehmensästhetik ist somit nicht etwa – wie die Kunst am Bau, wie die Designmethodologie – ein von außen zugeliefertes Beipack zu den Kernbereichen des Unternehmens, sondern macht die unternehmenseigenen Prozesse selbst zum zentralen Inhalt." (Walter Müller, 4.12.2015)