Kurt Koleznik, Generalsekretär der Fachhochschulkonferenz: Spielraum für Asylberechtigte ohne Zeugnisse und Studiennachweise bei der Zulassung zum Studieren – aber ohne Aufnahmetests, ohne Deutsch oder Englisch führt kein Weg zum FH-Studium.

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STANDARD: Welche Rolle nehmen die Fachhochschulen in der Flüchtlings- und Integrationshilfe wahr?

Koleznik: Helfen, wo es geht. Die Hochschulen wissen, dass sie Teil der Zivilgesellschaft sind, und so bringen sie sich auch ein – vom Studentenheim, das zur Verfügung gestellt wird, über Deutschkurse bis zu Spenden. Mitarbeiter haben Anspruch auf Extraurlaub, wenn sie karitativ tätig sind. Oft ist es das Engagement Einzelner, etwa wenn verschiedene Veranstaltungen für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge ins Leben gerufen werden.

STANDARD: Die Universitäten haben das koordinierende Projekt "more" im Ausbau – brauchen die Fachhochschulen keine solche Koordinierungsstelle?

Koleznik: Wir haben das überlegt, sind aber zum Schluss gekommen, dass die FHs vor Ort wirken und sich den Bedürfnissen entsprechend in ihren Regionen mit Initiativen und Vereinen koordinieren. So kann geschehen, was jeweils gebraucht wird.

STANDARD: Wie sieht es denn mit der Zulassung zum Studium aus, sind besondere Programme für Asylwerber geplant?

Koleznik: Grundsätzlich reicht es nicht, nur Flüchtling zu sein. Aufnahmetests müssen sein. Allerdings haben wir da gewissen Spielraum, etwa wenn jemand die Hochschulreife behauptet, aber keine Zeugnisse vorweisen kann, dann bieten sich Feststellungsprüfungen an – oft sind die Hochschulen, an denen die Flüchtlinge zuvor eingeschrieben waren, ja auch bekannt. Dennoch ist das zu überprüfen – das gilt auch für Nostrifizierungen. Die Standards sind zu halten. Aber es besteht die Möglichkeit, etwa Gruppen bei den Aufnahmetests zu bilden, weil es etwa nicht immer günstig ist, AHS-Absolventen mit Asylberechtigten in einer Gruppe zu testen. Wobei da auch nützlich ist, dass wir insgesamt 46 Studiengänge in Englisch anbieten.

STANDARD: Besteht vonseiten Asylberechtigter derzeit viel Interesse daran, in eine heimische FH zu kommen?

Koleznik: Bis jetzt ist die Nachfrage sehr gering. Das kann sich aber ändern, wir starten die neuen Aufnahmetests im Frühjahr. Ich erwarte Interesse mit gewisser Zeitverzögerung – es spielt ja so vieles mit, die Leute müssen auch erst einmal ankommen, würdig wohnen können, die Kriegstraumata bearbeiten.

STANDARD: Die Rolle der Fachhochschulkonferenz?

Koleznik: Wir sind für die rechtliche Beratung da – für alles, was Anrechnungen und Nostrifizierungen betrifft oder Stipendienmöglichkeiten.

STANDARD: Zu den Profilen im tertiären Sektor: Gibt es Neuigkeiten aus den intersektoralen Arbeitsgruppen? Es sollten ja die Universitäten entlastet werden.

Koleznik: Dieser Prozess beginnt im neuen Jahr, wir hatten diese Diskussion eingefordert, jetzt beschäftigt sich die Hochschulkonferenz damit. Es geht im Kern darum, die berufsfeldbezogenen Studien zu den FHs zu verlagern.

STANDARD: Wie etwa Jus?

Koleznik: Ja, oder Maschinenbau, nichtärztliche Gesundheitsberufe, die Elementarpädagogik. Da wäre viel drinnen für die Fachhochschulen und damit gleichzeitig für die Profilschärfung Universitäten/FHs.

STANDARD: Was kann gegen Polarisierung und gegen das Ausnützen und Schüren von Ängsten in der Migrationsdebatte getan werden?

Koleznik: Die Wahrheit ist zumutbar. Jedem. Politiker sollen Karten auf den Tisch legen und Klartext reden.

STANDARD: Aber Angst lässt sich nicht mit Zahlen und Argumenten auflösen.

Koleznik: Oh doch, mit Offenheit und Glaubwürdigkeit – natürlich nicht mit Argumenten, die mit einem Rucksack voll "hidden agenda" daherkommen. (Karin Bauer, 7.12.2015)