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Der russische Außenminister Sergej Lawrow traf in Belgrad den US-Außenminister John Kerry. Am Freitag soll er auch den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu treffen.

Foto: AFP / POOL / JONATHAN ERNST

Als Serbien zu Jahresbeginn den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernahm, stand die Welt noch im Zeichen der Ukraine-Krise. Man fragte sich damals, wie Serbien, das um jeden Preis in diesem Konflikt neutral bleiben wollte, die Vermittlung zwischen seinen "europäischen Partnern" und den "russischen Freunden" meistern würde. Belgrad überstand den Vorsitz, ohne sich dem Wirtschaftsembargo des Westens gegen Russland anzuschließen und ohne die EU deshalb allzu sehr zu brüskieren und seine Beitrittsverhandlungen infrage zu stellen.

Syrien und Flüchtlinge

Ein knappes Jahr später ist der Konflikt rund um die Ukraine fast in Vergessenheit geraten. Im Mittelpunkt der OSZE-Konferenz, die am Donnerstag und Freitag in Belgrad stattfindet, stehen die Syrien-Krise, die Flüchtlingskrise und der internationale Kampf gegen den Terror. Wie immer bei großen internationalen Konferenzen richtete sich die größte Aufmerksamkeit auf die Vertreter der USA und Russlands.

Treffen zwischen russischem und türkischem Außenminister

Doch diesmal war man mehr gespannt darauf, was der russische Außenminister Sergej Lawrow zu sagen haben würde, als auf die Äußerungen seines amerikanischen Amtskollegen John Kerry. Denn der russisch-türkische Konflikt überschattet die Gespräche über einen gemeinsamen Kampf gegen den Terror.

Man fragte sich, ob sich Lawrow mit seinem türkischen Gegenüber Mevlüt Çavuşoğlu unter vier Augen treffen und über die zugespitzten Beziehungen der beiden Länder nach dem Abschuss des russischen Jets reden würde. "Es wäre traurig, wenn die Türkei nichts Neues zu sagen hätte", sagte Lawrow lakonisch und meinte, dass ihm die offizielle Version Ankaras längst bekannt sei. Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters zufolge wird es zu dem Treffen der beiden Politiker kommen.

Heimvorteil für Lawrow

Am ersten Konferenztag schien sich Lawrow wohlzufühlen. Journalisten lauerten in der zu diesem Anlass umgebauten Belgrader Arena-Sporthalle mehr auf ihn als auf die über 44 anderen Außenminister. Er hatte gewissermaßen Heimvorteil in Serbien, einem der wenigen Russland freundlich gesinnten Länder Europas, das eine Mitgliedschaft in der Nato ablehnt.

Lawrow versäumte es nicht zu sagen, dass die Luftangriffe der Nato 1999 auf die Bundesrepublik Jugoslawien die Büchse der Pandora geöffnet hätten; er wischte der Türkei eins aus, in dem er sagte, dass man es nicht zulassen dürfe, dass Terroristen Nutzen aus illegalem Handel ziehen und dass man nicht erfolgreich im Kampf gegen den "Islamischen Staat" sein könne, wenn andere einem das Bein stellen, sprich, wenn die Türkei einen russischen Kampfjet über Syrien abschießt und die Familie des türkischen Präsidenten vom IS Erdöl kauft.

Montenegro wird Nato-Mitglied

Unmittelbar vor dem Beginn der OSZE-Konferenz bot die Nato Montenegro den Beitritt an. Auch diesbezüglich reagierte Russland aggressiv, drohte wie im Fall der Türkei mit Wirtschaftssanktionen und damit, alle Investitionen aus dem kleinen Adria-Land zurückzuziehen. Eine solche Reaktion Moskaus wurde auch als eine klare Warnung für Serbien gedeutet: Russland hat nichts gegen einen EU-Beitritt Serbiens, unterstreicht jedoch, dass es sehr wohl etwas gegen einen serbischen Nato-Beitritt hätte. Nach Serbien wird am 1. Jänner Deutschland den OSZE-Vorsitz übernehmen. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 3.12.2015)