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Ein heiß umstrittener Besuch: Tawadros II. in Jerusalem

Foto: AP / Amhmoud Illean

Mehr als 25 Jahre nach dem Vertrag von Camp David ist der Friede zwischen Ägypten und Israel immer noch ein kalter. In Ägypten sind Reisen nach Israel verpönt. Und die Geschäftsbeziehungen werden ohne Aufhebens gepflegt. Einen Sturm der Entrüstung hat jetzt in Ägypten das Oberhaupt der koptisch-christlichen Kirche, Papst Tawadros II., auf sich gezogen. Er besuchte am Wochenende die Beerdigung des Erzbischofs des Heiligen Landes, Anba Abraham – in Jerusalem. Die Kirche hatte betont, es handle sich um humanitäre Pflicht und nicht um einen offiziellen Besuch oder eine politische Geste. Es sei die Pflicht der Kirche, an Gebeten zum Abschied teilzunehmen, erklärte auch Tawadros II. selbst.

Gegen Camp David

Eine Einladung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, auch Ramallah zu besuchen, hatte der koptisch-orthodoxe Papst mit der Begründung abgelehnt, er werde die Palästinensergebiete nur zusammen mit dem Scheich von al-Azhar, der höchsten Instanz des sunnitischen Islam, betreten. Damit wollte Tawadros unterstreichen, dass sich an der offiziellen Haltung der Kirche, die seit den 1980er-Jahren ihren Gläubigen den Besuch Israels aus Protest untersagt, nichts geändert habe. Denn auch al-Azhar lehnt Reisen nach Jerusalem ab.

Der frühere koptische Papst Shenouda hatte sich gegen die Regierung in Kairo gestellt und das Camp David Abkommen und eine Normalisierung abgelehnt. Seit vielen Jahrzehnten hatte deshalb kein koptischer Papst mehr einen Fuß in die Heilige Stadt gesetzt.

Pilgerfahrten trotz Verbots

Einige Hundert ägyptische Christen hatten aber jedes Jahr dieses Verbot missachtet und Pilgerfahrten in die Heilige Stadt unternommen. Mehrere Reiseveranstalter haben nach dem Papstbesuch nun auch gleich neue Touren angekündigt. Kritiker befürchteten deshalb, dass Tawadros' Aktion eine Welle lostreten und einen "Riss in der Mauer des Widerstandes" bedeuten könnte; mit der Konsequenz, dass man den Christen vorwerfen könnte, die gemeinsame Linie zu verlassen.

Besonders kritisch waren Vertreter von politischen Parteien. Und auch Kommentatoren merkten an, dass der Zeitpunkt angesichts der aktuellen Unruhen mit den vielen Messerangriffen besonders unverständlich sei.

Gespalten waren auch die Christen unter sich. Während einige wie der Geschäftsmann Naguib Sawiris die religiöse Pflicht betonten, warfen andere ihrem Papst vor, der Normalisierung mit Israel durch diesen Schritt – bei dem er sich auf dem Weg nach Tel Aviv auch das Flugzeug mit den israelischen Botschafter teilte – Vorschub zu leisten. (Astrid Frefel, 29.11.2015)