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Wie Geschlechtersegregation funktioniert: manchmal elegant und versteckt. Hin und wieder aber offensichtlich und haaresträubend. Wer beispielsweise Literatur in Literatur und Frauenliteratur unterteilt, unterstellt den Lesenden, sich vor der Leseentscheidung sicherheitshalber mit einem Blick zwischen die Beine behelfen zu müssen.

Und abgesehen davon: Was ist dann Männerliteratur? Herrenzeitschriften? "Moby Dick"? Und warum sollen Frauen eher keinen "Moby Dick" lesen? Schleichen sich Männer heimlich durch Thalia-Läden, um dort verschämt eine Streeruwitz vom Frauenregal zu zupfen? Fragen über Fragen.

Der noch größere Abgrund klafft jedoch zwischen der Literatur und der Frauenliteratur, Unterabteilung "freche Frauen", jene Etikettierung, die – genauer betrachtet – tatsächlich eine einzige Frechheit darstellt. Was zum Teufel sind freche Frauen? Jene, die in der Pubertät hängengeblieben sind? Erwachsene Menschen sind wagemutig, brutal, unberechenbar oder fordernd.

Frech ist man, wenn man keinen Machtanspruch hat. Frech ist man hierarchisch betrachtet nur von unten nach oben. Haben Sie schon einmal etwas von "frechen Männern" gehört? Vermutlich nicht. Die heißen bis ins hohe Alter "wilde Kerle". Und wild ist jedenfalls etwas, das Achtsamkeit, Respekt und Abstand abverlangt. Von frechen Raubtieren hat man bislang noch nichts vernommen. (Julya Rabinowich, 29.11.2015)