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80 Prozent der noch im Boden befindlichen Kohle sollte aus Klimaschutzgründen nicht gefördert werden.

Foto: dpa / Arno Burgi

Wenn ein fossiler Energieträger bei den Diskussionen um die Eindämmung von Treibhausgasen schlecht wegkommt, dann ist es Kohle. Denn sie setzt bei ihrer Verbrennung mehr vom Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) frei als Erdöl oder Erdgas.

Rund 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes entfallen auf Kohle. Trotzdem gestaltet sich ein Zurückfahren bei der Nutzung schwierig. Die Ressource ist billig und außerdem weltweit üppig verfügbar – auch in Schwellen- und Entwicklungsländern. In unserer Welt gehört die Nichtausbeutung einer Ressource, die Nichtnutzung einer Möglichkeit zu den allerschwierigsten, kaum durchsetzbaren politischen Aufgaben und widerspricht auch dem Mantra von ewigem Wirtschaftswachstum. Fast völlig unmöglich wird die Forderung, den Großteil der aktuellen Kohlereserven ungenutzt zu lassen, wenn man sich vor Augen führt, dass sich viele ansonsten ressourcenarme Länder mit der lokalen Kohleausbeutung andere fossile Energieimporte, die noch dazu in der Regel in Dollar bezahlt werden müssen, sparen können.

Im Boden belassen

Nach derzeitigem Wissen über die Vorkommen von Kohle, Gas und Öl sollten zwei Drittel dieser Ressourcen im Boden bleiben. Nur dann kann das Ziel, die Erderwärmung bei etwa zwei Grad Celsius zu begrenzen, erreicht werden. Bei der noch verfügbaren Kohle ist dieser Wert besonders hoch: Über 80 Prozent sollten erst gar nicht gefördert werden, so der "Faktencheck Energiewende", der vom Klima- und Energiefonds kürzlich herausgegeben wurde.

Weltbank war vorne dabei

Obwohl es starke Signale gibt, die Kohlenutzung weltweit einzudämmen, lief bis vor kurzem die Entwicklung in die konträre Richtung. Große internationale Entwicklungsinstitutionen haben bis vor wenigen Jahren noch Kohlekraftwerke mit billigen Krediten finanziert. Der Energieausbau vieler Schwellen- und Entwicklungsländer basiert darauf. Für das Klima eine fatale Entscheidung: Solche Kraftwerke sind 40 bis 50 Jahre in Betrieb. Erst 2013 haben sich die Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Europäische Investitionsbank von der Finanzierung der schmutzigen Energiegewinnung verabschiedet.

Am besten keine Förderungen

Die Förderung von Kohleprojekten als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit ist also mehr und mehr umstritten. Kommerzielle Banken jedoch, in deren Tagesgeschäft Regierungen kaum hineinreden können, spielen für Kohleprojekte weltweit eine noch wichtigere Rolle als die öffentlichen Geldgeber, so der von der Klimaschutzgruppe Banktrack herausgegebene Report "Banking on Coal" aus dem Jahr 2014. Von 2005 bis 2014 summierte sich die Finanzierung von Kohleprojekten auf 500 Milliarden US-Dollar (473 Milliarden Euro). Allein die 20 größten Banken haben 73 Prozent der Kredite vergeben.

Da ist es nur logisch, dass die üppig verfügbare Ressource Kohle "sauber" im klimatechnischen Sinn gemacht werden soll. So genannten Clean Coal Technologies (CCT) wird viel Aufmerksamkeit gewidmet, sowohl politisch als auch technologisch. Die Internationale Energieagentur IEA betont in ihrem jüngsten World Energy Outlook die Rolle solcher "Geosequestrierungen". Dabei wird das beim Verbrennen entstehende Kohlendioxid abgetrennt und verflüssigt. Bevor es in die Atmosphäre entweichen kann, wird es geologisch gespeichert.

Viel Geld für Forschung

Dies wäre eine großtechnische Lösung, für die viel Geld in die Hand genommen und in die noch viel Forschungsarbeit gesteckt werden müsste. Nur mit CCS – Carbon Capture Storage – sei es möglich, den Klimawandel zu bekämpfen und gleichzeitig Wirtschaftswachstum zu erzielen, meinen die Verfechter.

Die Kritiker haben auch gute Argumente. CCS-Lösungen sind enorm energieintensiv. Zwischen 25 und 45 Prozent des Energie-Outputs eines Kraftwerks müssten dafür aufgewendet werden, dass das Treibhausgas verflüssigt, verfrachtet und unterirdisch gelagert werden kann. Die Möglichkeit, dass das Ganze nicht dicht bleibt, ist gegeben. Funktionierende Beispiele für CCS gibt es noch immer nicht. Dies alles, meinen viele, erinnere an die ungelösten Probleme mit Atomenergie. (Johanna Ruzicka, 1.12.2015)