Bei winterlichen Temperaturen harrten Asylsuchende in der Wiener Votivkirche aus. Gerald Igor Hauzenberger hat ihren Daseinskampf in "Last Shelter" über drei Jahre hinweg begleitet.


Foto: Stadtkino
Gerald Hauzenberger

Wien – Der Aufruf zu Solidarität, dazu, gegen die unannehmbaren Bedingungen im Flüchtlingsheim Traiskirchen zu protestieren, kommt einem gleich zu Beginn nur allzu vertraut vor. Doch die Szene stammt nicht aus diesem Jahr, noch nicht einmal aus dem letzten. Drei Jahre ist es vielmehr schon her, dass eine Gruppe von afghanischen und pakistanischen Asylsuchenden nach Wien marschierte und schließlich die Votivkirche besetzte, um gegen die im Eilverfahren beschlossene Aberkennung ihres Asylansuchens mit gewaltfreiem Widerstand ein Zeichen zu setzen.

Der österreichische Dokumentarist Gerald Igor Hauzenberger ("Der Prozess") hat die Protestaktion von Beginn an mit der Kamera begleitet. "Last Shelter" (deutsh: "Letzter Zufluchtsort") heißt nun der daraus entstandene Film, der an dem Vergleich mit den gegenwärtigen, um vieles dramatischeren Verhältnissen nicht umhinkommt. Doch gerade der enge Fokus auf eine recht überschaubare Gruppe an Menschen, die aus Angst vor Abschiebung zu verschärften Maßnahmen greifen – auf die Besetzung der Kirche erfolgte in einem weiteren Schritt der Hungerstreik -, arbeitet noch einmal die zentrale Opposition heraus: auf der einen Seite Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, auf der anderen eine Bürokratie, die per staatliche Ein- und Ausschließung nüchtern verwaltet.

"Last Shelter" ist vor allem auf der ersten Ebene wirksam, weil der Film weniger eine Untersuchung der politischen Hintergründe betreibt, sondern die Lebensbedingungen und den entschlossenen Kampf der Flüchtlinge ins Zentrum rückt. In den besten Momenten des Films wird das Gefälle in direkten Konfrontationen sichtbar: Kardinal Schönborn, der die Gestrandeten anfleht, die Kirche zu verlassen, weil er "sonst ins Gefängnis muss". Die vor Weihnachten in Decken gehüllten Flüchtlinge, deren Gesichter fahler werden, bringen aber schon davor indirekt manch humanes Selbstverständnis, christliche Gebote wie das der Nächstenliebe ins Spiel.

Das bessere Framing

Hauzenberger tut gut daran, bei aller Empathie die Position des Betrachters zu betonen. Die Kamera sucht größere Ausschnitte, soweit das der begrenzte Raum zulässt, reportagehaftes Gewackel bildet eher die Ausnahme. Das gibt dem Film ein Framing, in dem dann auch die wachsende Wut und Verzweiflung der Flüchtlinge, die teilweise abgeschoben werden, besser aufgehoben wirken.

Auch für ihre Isolation findet "Last Shelter" gültige Bilder. Noch in der Akademie der bildenden Künste fühlt sich die Rektorin von der Präsenz der Asylanten merkbar in ihrem Alltag gestört. Und auch wenn es Einzelnen von ihnen gelingt, oft Jahre später doch noch den positiven Asylbescheid zu bekommen, wird klar, wie hart der Weg dorthin ist. (Dominik Kamalzadeh, 26.11.2015)