Bild nicht mehr verfügbar.

Von Geldmangel Betroffene berichteten laut Studienzusammenfassung vom Ausgegrenztwerden, Mobbing und "Verarschtwerden".

Foto: apa

Wien – Ein Kind wünscht sich Fische für das leere Aquarium des Bruders. Ein anderes will, "dass alle so normal leben wie wir. Und eigentlich das war es schon." Die Zitate stammen von Acht- bis 15-Jährigen, die die Volkshilfe mithilfe Studierender der FH Campus Wien zu ihrer Lebenssituation befragt hat. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag in Wien präsentiert. 26 qualitative Interviews wurden dafür in Mattersburg und Leoben geführt mit dem Ziel, vor allem mehr über die Lebenswelt der 408.000 armutsgefährdeten und von Armut betroffenen Kinder in Österreich zu erfahren. In Armut Lebende, Armutsgefährdete und Nichtbetroffene wurden befragt.

Die Erkenntnisse: Kinder in Haushalten mit wenig Geld wissen, in welcher Situation sie sich befinden, und bringen für die finanzielle Lage der Eltern viel Verständnis auf. Sie gaben demnach an, dass es sie traurig mache, wenn sie sich Dinge nicht leisten könnten. Die Möglichkeit zu verschiedenen Freizeitaktivitäten, etwa Mitgliedschaft in Sport- und Musikvereinen, ist bei Armutsbetroffenen stark eingeschränkt – das zeigten auch bereits vorangegangene quantitative Erhebungen. Schulausflüge können Betroffene oft nicht mitmachen.

Werden "verarscht"

Kinder, deren Familien knappe Mittel haben, gelten als "anders" – das sagten Befragte diverser Elternhäuser. Von Geldmangel Betroffene berichteten laut Studienzusammenfassung vom Ausgegrenztwerden, Mobbing und "Verarschtwerden". Heranwachsende ohne Geldsorgen gaben demnach oft an, keine armen Kinder persönlich zu kennen. Armut sei für sie schwer vorstellbar. Armutsbetroffene gaben hingegen oft an, Altersgenossen in ärmeren Verhältnissen zu kennen. Arm seien die anderen – selbst dann, wenn es zu Hause an Geld für Essen mangelt.

Kinder halten sich zum Teil an Orten auf, wo soziale Durchmischung passiert: auf Spielplätzen, in Parks, im Einkaufszentrum. Es zeigen sich aber auch Segregationstendenzen: bei der Nutzung von Jugendzentren, in Vereinen und bei kulturellen Aktivitäten. Für armutsbetroffene Kinder seien Räume für ihre Aktivitäten beispielsweise in Jugendzentren wichtiger, zeigt die Studie. Wichtiger für sie seien aber auch Bezugspersonen abseits der Familie.

Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger fordert Gratisnachhilfe und mehr Ansprechpersonen für armutsbetroffene Kinder sowie die Sensibilisierung von Pädagogen. Statt etwaiger Mindestsicherungskürzungen oder deren teilweiser Umwandlung in Sachleistungen will Fenninger, dass diese erhöht wird. (spri, 26.11.2015)