Warschau – Abgeordnete der neuen polnischen Regierung wollen den früheren Premier und derzeitigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk vor das Staatstribunal stellen. Sie werfen ihm schwere Versäumnisse bei den Ermittlungen zum Absturz der Präsidentenmaschine über dem russischen Smolensk im April 2010 vor, bei dem der damalige Staatschef Lech Kaczynski und 95 weitere Menschen starben.

Tusk gründete einst die liberal-konservative Partei Bürgerplattform (PO) und war seit 2007 polnischer Regierungschef, bevor er 2014 das Amt in Brüssel übernahm. "Tusk hat viel auf dem Gewissen", zitierten polnische Medien am Mittwoch den Politiker Adam Lipinski von der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), der auch die neue Ministerpräsidentin Beata Szydlo angehört. Aus Sicht von Regierungssprecherin Elzbieta Witek wäre ein Prozess "eine gute Sache", allerdings betonte sie, dass das ihre private Meinung sei.

Ermittlungen

Die Nationalkonservativen wollen die Ermittlungen zu dem Flugzeug-Absturz neu aufrollen. Verteidigungsminister Antoni Macierewicz, der nach der Katastrophe mit einem eigenen Untersuchungsbericht Spekulationen über einen Anschlag geschürt hatte, kündigte für kommende Woche einen neuen Untersuchungsausschuss an, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete.

Unterdessen wurde der offizielle Bericht der Vorgängerregierung im Internet gesperrt. Darin waren polnische Behörden von Piloten-Versagen ausgegangen. Viele PiS-Anhänger führen den Absturz jedoch auf ein Attentat zurück. (APA, 25.11.2015)