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Die EU-Kommission möchte ab 2017 schrittweise ein einheitliches Sicherungssystem für Spareinlagen schaffen.

Foto: APA/Rössler

Frage: Was hat die EU-Kommission vor?

Antwort: Die Brüsseler Behörde möchte Spareinlagen in der Eurozone durch ein pan-europäisches System absichern. Banken sollen dazu verpflichtet werden, in einen europäischen Einlagensicherungsfonds einzuzahlen. Vorbild ist die US-Einlagensicherung FDIC. Durch die Beiträge der Geldhäuser in Europa sollen 43 Milliarden Euro zusammenkommen. Geht eine Bank in Spanien, Griechenland oder Österreich pleite, würden die Sparer in diesen Ländern mit den Mitteln des europäischen Fonds entschädigt werden.

Frage: Was ändert sich für mich als Sparer?

Antwort: Aus Sicht der Bankkunden ändert sich zunächst gar nichts. Seit 2014 schreibt eine EU-Richtlinie vor, wie der Schutz von Sparguthaben in den Unionsländern geregelt sein muss. So sind Girokonten und Sparguthaben von natürlichen Personen und Unternehmen bis zu 100.000 Euro geschützt. Diese Regeln gelten weiter. Geändert wird aber die Art und Weise wie sichergestellt werden soll, dass Bankkunden im Notfall ihre gesicherten Einlagen auch ersetzt bekommen. Aktuell muss jedes Land sein eigenes Sicherungssystem betreiben und finanziell ausstatten. Künftig sollen die nationalen Töpfe der einzelnen Euroländer verschmolzen werden.

Frage: Wie soll das ablaufen?

Antwort: Stufenweise. In der ersten Phase ab 2017 sollen im Falle einer Bankenpleite weiter die nationalen Sicherungssysteme einspringen. Erst wenn ihre Mittel aufgebraucht sind, sollen sie Gelder aus dem gemeinsamen Europa-Topf holen können. In der zweiten Phase ab 2020 sollen die betroffenen nationalen und das europäische Sicherungssystem Sparer Seite an Seite entschädigen. Ab 2024 soll der Sparerschutz dann komplett europäisiert sein.

Frage: Hafte ich als Sparer in Österreich damit für Guthaben in Spanien und Griechenland?

Antwort: Nein. Haften sollen nach den Plänen der Kommission die Banken. Sie müssen, je nachdem wie risikoreich ihre Geschäfte sind, den Sicherungsfonds mit Geld ausstatten und ihn auch wieder auffüllen, wenn er Auszahlungen tätigt.

Frage: Welchen Zweck verfolgt die EU-Kommission mit ihrem Plan?

Antwort: Die Eurokrise hat gezeigt, dass die starke Verzahnung von Nationalstaaten mit Kreditinstituten zu einem Problem für beide Seiten werden kann. Schlittert ein Staat in Finanzprobleme, reist er Banken mit in die Tiefe und umgekehrt. Die Rede ist oft von einem "Teufelskreis". Genau diesen will man mit dem Aufbau einer Bankenunion durchbrechen. Nötig sind dafür laut Kommission drei Schritte: Zunächst wurde im November 2014 die Aufsicht über große Geldhäuser in der Eurozone an die Europäische Zentralbank übertragen. Seit Jänner 2015 gibt es einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus für marode Banken. Der dritte Schritt ist die Schaffung der gemeinsamen Einlagensicherung.

Frage: Aber wie soll eine einheitliche Einlagensicherung den Teufelskreis durchbrechen?

Antwort: In Europa wurden nach Ausbruch der Finanzkrise fast überall Banken mit Steuergeldern gerettet. Die Hilfsaktionen trieben die Staatsschulden in die Höhe und einige Länder wie Irland und Spanien gingen fast Pleite. Investoren und Bürger haben sich seither daran gewöhnt, dass Kreditinstitute mit Steuergeldern gerettet werden. Im Umkehrschluss führte das dazu, dass Banken in Krisenländern gemieden wurden. Sparer und Investoren empfinden es als sicherer, ihr Geld in Deutschland und Österreich anzulegen, als im hoch verschuldeten Griechenland und Spanien. Das einheitliche System soll dafür sorgen, dass es gleichgültig ist, in welchem Land man sein Geld zur Bank trägt.

Frage: Wie sehen das die Banken in Österreich?

Antwort: Die Interessenvertretung der Kreditinstitute lehnt den Vorschlag der Kommission ab. Der Bankensprecher bei der Wirtschaftskammer, Franz Rudorfer, warnt davor, falsche Anreize zu schaffen. Das gemeinsame Sicherungssystem könne Bankmanager dazu verleiten höhere Risken zu nehmen, weil sie wissen, dass eine große Garantiesumme bereit steht. Zudem warnt Rudorfer davor, dass es zu Transferleistungen von gut aufgestellten Banken zu schwächeren Kreditinstituten in Krisenländern kommt. Auch die deutschen Sparkassen und Volksbanken sprechen von einer Transferunion zugunsten des Südens. Sie haben sogar einen Protestbrief an EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker geschickt.

Frage: Wie sieht das Thema die Regierungen?

Antwort: Während man in Südeuropa den Vorschlag begrüßt, regiert im Norden die Skepsis. Die deutsche Regierung hat ein Positionspapier vorgestellt, in dem sie davor warnt, zusätzliche Risken zu vergemeinschaften. Ehe ein europäischer Sicherungstopf geschaffen wird, sollten die Banken zuerst bestehende Regelungen umsetzen. Tatsächlich haben mehrere Staaten noch nicht alle neuen Bestimmungen der Bankenunion in nationales Recht umgewandelt. Die deutsche Regierung will zudem, dass die Finanzaufseher dafür sorgen, dass die Risken in den Bankbilanzen geringer werden. Etwa in dem für Staatsanleihen höhere Sicherheitspuffer vorgesehen werden. Auch Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling argumentiert ähnlich und zeigte sich zu Wochenbeginn skeptisch.

Frage: Was sagen Experten?

Antwort: Nicolas Veron, Finanzexperte beim Brüsseler Thinktank Bruegel zeigt sich "positiv überrascht" vom Vorhaben Brüssels. Die Einlagensicherung-neu werde keine absolute Sicherheit schaffen, aber doch für mehr Stabilität im Bankensystem sorgen, weil ein zusätzliches Auffangnetz eingezogen wird. Dem Argument der Banken, wonach eine Transferunion zugunsten des Südens geschaffen werde, widerspricht er: "Niemand kann wissen, wo die nächste Bankenkrise stattfindet. Der Norden kann vom System genauso profitieren wie der Süden." Die Sparkassen in Deutschland würden opponieren, weil sie um ihr Geschäftsmodell fürchten. Sie bauen stark auf ein System gegenseitiger Absicherung auf, dem ein europäisches Netz Konkurrenz machen würde. Am Wort sind die Nationalstaaten und das EU-Parlament, die dem Vorschlag der Kommission zustimmen müssen. (András Szigetvari, 26.11.2015)