Wien – Ein Marktumfeld mit hoher Schwankungsfreudigkeit dürfte Investoren – ähnlich wie heuer – auch im nächsten Jahr ins Haus stehen. "2016 ist nicht weniger Volatilität zu erwarten", glaubt Gerard Piasko, Investmentstratege der Deutschen Bank Asset & Wealth Management. Daraus leitet er die Empfehlung ab, sich die Schwankungen zunutze zu machen: also nach starken Anstiegen die jeweilige Anlageklasse zu reduzieren beziehungsweise umgekehrt.
Das Umfeld wird seiner Ansicht nach 2016 hauptsächlich von der Geldpolitik bestimmt. "Die Zentralbanken nehmen das Steuer fest in die Hand." Die US-Notenbank Fed wähnt Piasko knapp vor einer Zinserhöhung, was er als positives Signal der Stärke für Uncle Sams Wirtschaft und den Aktienmarkt interpretiert. Bei der EZB erwartet er hingegen eine geldpolitische Lockerung, was aufgrund der Zinsdifferenz zu einer weiteren Aufweichung des Euro gegenüber dem US-Dollar führen sollte.
Große konjunkturelle Sprünge werden laut Piasko 2016 aber neuerlich ausbleiben: In der Eurozone sollen es 1,6 Prozent Wachstum werden, in den USA immerhin 2,5 Prozent. "Das globale Wachstum bewegt sich nach oben, aber langsam wie eine Schildkröte", folgert der Investmentstratege. Dennoch präferiert er in dieser Situation Aktien, bevorzugt aus der Eurozone. Bei Renten rät er zu Titeln mit Zusatzverzinsung wie Unternehmensanleihen. Für 2016 skeptisch zeigt sich Piasko bei Schwellenländern und Rohstoffen.
Verlustträchtige Anleihen
Indes haben die Anlageexperten der Credit Suisse ihre längerfristigen Ertragserwartungen für einzelne Anlageklassen bis zum Jahr 2020 ermittelt und eine starke Grundsatzempfehlung für Aktienmärkte ausgesprochen. Basierend auf ihrer durchschnittlichen Wachstumsprognose für die USA von 2,2 Prozent pro Jahr sollen die Aktien des S&P-500-Index im Mittel 8,1 Prozent Jahresrendite abwerfen. Übertroffen sollen diese jedoch von den Titeln des Eurostoxx-50 mit 9,6 Prozent werden, obwohl die Wachstumserwartung für die Eurozone bloß 1,3 Prozent beträgt. Auch die Aktienmärkte der Schwellenländer haben demnach mit 8,6 Prozent noch etwas mehr Ertragspotenzial als ihre US-Pendants.
Keine großen Sprünge trauen die Experten der Großbank dem Anleihensektor zu. Für langlaufende Staatsanleihen aus den USA und Euroland erwarten sie jeweils negative Renditen von mehr als einem Prozent pro Jahr. Als Ausweg im Rentenbereich bieten sich jedoch Unternehmensanleihen an, denen in den USA fast drei Prozent und auf der anderen Seite des Atlantiks zumindest mehr als ein Prozent zugetraut werden.
Die höchsten Erträge erwartet Tobias Merath, Experte für alternative Anlagen bei der Credit Suisse, mit mehr als zwölf Prozent jährlich von Private Equity, also Direktbeteiligungen an Unternehmen. Allerdings hat die Sache einen Haken: "Private Equity dürfte in den kommenden fünf Jahren zwar die höchsten Renditen generieren, Investitionen in diese Anlageklasse übersteigen aber die Kapazitäten der meisten Anleger", meint Merath. Der zu investierende Mindestbetrag liegt ihm zufolge nämlich bei rund einer Viertelmillion Dollar.(Alexander Hahn, 26.11.2015)